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15 € Netto-Mindestlohn – klingt sozial gerecht, ist aber wirtschaftlich ein Pulverfass. Am Beispiel des SHK-Handwerks zeigt sich exemplarisch, wie politische Eingriffe in die Lohnstruktur den gesamten Mittelstand unter Druck setzen. Wer rechnet, erkennt: Nicht nur Handwerksbetriebe, auch viele KMU, GründerInnen und Selbständige geraten an ihre Grenzen. Eine faktenbasierte Analyse und ein Appell an wirtschaftliche Vernunft.

Mindestlohn und was dann?

Die Forderung nach einem flächendeckenden Mindestlohn von 15 € netto ist zurück auf der politischen Agenda. Was auf den ersten Blick sozial gerecht erscheint, offenbart bei näherer Betrachtung massive wirtschaftliche Folgen – nicht nur für Handwerksbetriebe, sondern für weite Teile des Mittelstands.

Denn egal ob du ein Bauunternehmen führst, ein kleines Dienstleistungsunternehmen aufbaust oder in einem produzierenden KMU Verantwortung trägst: Personalkosten machen den größten Teil deiner betrieblichen Ausgaben aus. Und jede Veränderung an der Lohnuntergrenze hat unmittelbare Auswirkungen auf deine Kalkulation, deine Wettbewerbsfähigkeit – und letztlich auf deine Zukunftsfähigkeit.

Der SHK-Betrieb als Beispiel – mit Signalwirkung für viele

Ein Beispiel aus dem Handwerk: Ein mittelgroßer SHK-Betrieb (Sanitär, Heizung, Klima) mit zehn Mitarbeitenden kommt heute – bei einem Netto-Mindestlohn von 12 € – auf einen kalkulatorischen Stundensatz von rund 56,66 €. Steigt der Mindestlohn auf 15 € netto, erhöht sich dieser Wert auf über 68 € – eine Steigerung von mehr als 20 %.

Doch dieser Effekt betrifft längst nicht nur Handwerksbetriebe. Auch DienstleisterInnen, GründerInnen im Aufbau oder KMU mit vielen niedrigqualifizierten Tätigkeiten müssen solche Sprünge verkraften. Die Folge: Preise müssten erhöht werden, was jedoch nur teilweise am Markt durchsetzbar ist. Wer international im Wettbewerb steht oder mit preissensiblen EndkundInnen arbeitet, gerät schnell ins wirtschaftliche Abseits.

Wenn Lohnpolitik zur Preisfalle wird

Was viele außen vor lassen: Aus einem scheinbar gerechtfertigten Mindestlohn entwickelt sich in der Praxis ein viel größerer Preistreiber. Denn zum Nettostundenlohn kommen Arbeitgeberbeiträge, Versicherungen, Verwaltungskosten, Gemeinkosten und nicht zuletzt notwendige Rücklagen oder Gewinne.

Wenn du als GründerIn oder Selbständige:r ein Team beschäftigst, weißt du: Es geht nicht nur um Lohn, sondern um das Gesamtpaket. Und das wird mit jedem politischen Eingriff in die Lohnuntergrenze unkalkulierbarer.

Internationale Wettbewerbsfähigkeit in Gefahr

Ein kurzer Blick über die Grenzen zeigt: Mit einem kalkulatorischen Stundensatz von über 68 € reiht sich Deutschland an der Spitze der Kostenstruktur ein. Während Länder wie Polen, Rumänien oder die Slowakei ihre Dienstleistungen für weniger als die Hälfte anbieten können, wird es für deutsche KMU und Handwerksbetriebe zunehmend schwer, am Markt mitzuhalten.

Und auch unter GründerInnen macht sich Frustration breit: Wer ein digitales oder handwerkliches Geschäftsmodell in Deutschland aufbauen will, kämpft oft nicht mit der eigenen Idee, sondern mit der Kostenrealität, die von politischen Entscheidungen mitbestimmt wird.

Auch Effizienz hat Grenzen

Oft hört man: „Dann müsst ihr eben digitalisieren und Prozesse optimieren.“ Doch diese Rechnung geht nicht auf. Viele Betriebe – vom Handwerk bis zum Dienstleistungssektor – haben längst das Maximum an Effizienz herausgeholt. Es fehlt nicht an Innovationswillen, sondern an Spielräumen. Und an einem realistischen Verständnis dafür, wie betriebliche Realität jenseits des Berliner Regierungsviertels aussieht.

Warum das alle betrifft – nicht nur die mit Blaumann

Egal, ob du ein Familienunternehmen führst, eine Gründung begleitest oder als Führungskraft mit der Kostenplanung beschäftigt bist: Lohnpolitik betrifft dich. Denn sie entscheidet über deine Preisgestaltung, deine Investitionsentscheidungen und darüber, ob du überhaupt noch Mitarbeitende beschäftigen kannst.

Ein pauschaler Mindestlohn, der politische Wirkung zeigen soll, darf nicht losgelöst von den wirtschaftlichen Realitäten in Betrieben diskutiert werden. Sonst wird aus guter Absicht ein gefährlicher Bumerang – und die unternehmerische Verantwortung zur Last.

Fazit: Verantwortung ja – aber auch Verhältnismäßigkeit

Natürlich muss Arbeit fair bezahlt werden. Doch faire Bezahlung darf nicht bedeuten, dass wirtschaftlich tragfähige Geschäftsmodelle politisch ausgehöhlt werden. Wer von dir als UnternehmerIn oder Führungskraft verlangt, Verantwortung zu übernehmen, muss dir auch die Rahmenbedingungen dafür geben.

Was es jetzt braucht, ist keine weitere Symbolpolitik, sondern eine sachliche, realitätsnahe Debatte. Eine Rückkehr zu tariflicher Verantwortung, verlässliche Kostenstrukturen und eine Politik, die nicht nur in Sonntagsreden von „Mittelstand stärken“ spricht, sondern endlich entsprechend handelt.

Denn eines ist sicher: Ohne einen starken, kalkulierbaren Mittelstand – vom Handwerksbetrieb über das IT-Startup bis zum Familienunternehmen – verliert Deutschland nicht nur Arbeitsplätze, sondern seine wirtschaftliche Substanz.

Dirk Schmidt

Dirk Schmidt, Unternehmensberater aus Gießen, begleitet seit über 40 Jahren mittelständische Familienunternehmen. Sein Ziel: Tradition und Innovation verbinden, um nachhaltiges Wachstum zu sichern. Seine Schwerpunkte liegen in Strategieentwicklung, Prozessverbesserung, Krisenbewältigung und Interimsmanagement. Dabei entwickelt er praxisnahe, maßgeschneiderte Lösungen, die den individuellen Anforderungen seiner Klienten gerecht werden. Dirk Schmidt führt Unternehmen durch Wandel und hilft ihnen, sich erfolgreich an dynamische Märkte anzupassen. Als Interims-Geschäftsführer bringt er Firmen in schwierigen Phasen zurück auf Erfolgskurs. Sein Ansatz beruht auf Vertrauen, Transparenz und enger Zusammenarbeit. Dank eines breiten Netzwerks aus Experten für Marketing, Steuer- und Rechtsberatung bietet er umfassende Unterstützung.

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