Klassische Unternehmenssteuerung setzt oftmals auf klare Ziele, lineare Planung und belastbare Prognosen. Doch was, wenn diese Prinzipien an ihre Grenzen stoßen, weil sich Märkte rasant verändern, Kundenbedürfnisse schwer vorhersehbar sind oder Technologien Geschäftsmodelle infrage stellen? Viele UnternehmerInnen und Führungskräfte erleben aktuell genau das: Entscheidungen müssen heutzutage vermehrt unter Unsicherheit getroffen werden. Genau hier setzt Effectuation an: ein Denkansatz aus der Entrepreneurship-Forschung, der sich zunehmend auch in Organisationen und im Mittelstand etabliert.
Der Denkansatz geht zurück auf die US-amerikanische Wissenschaftlerin Saras D. Sarasvathy, die in Studien mit erfolgreichen UnternehmerInnen typische Entscheidungsmuster identifizierte.
Von der Planungslogik zur Möglichkeitslogik
Effectuation dreht die gewohnte Denklogik um. Statt: „Ich definiere ein Ziel und entwickle dafür eine Strategie“ heißt es: „Ich nutze, was ich habe und leite daraus weitere Schritte ab.“ Zukunft wird nicht prognostiziert, sondern aktiv gestaltet – mit den Mitteln, die zur Verfügung stehen. Wer so handelt, bleibt auch dann entscheidungs- und handlungsfähig, wenn sich die Rahmenbedingungen laufend ändern.
Praxischeck: Vier Prinzipien für Gestaltungsmöglichkeiten in ungewissen Zeiten
| Prinzip | Haltung / Umsetzung in der Praxis |
| Mittelorientierung | Beginnen mit dem, was verfügbar ist, z. B. bestehende Netzwerke, vorhandene Technik oder internes Know-how. Keine Idealbedingungen abwarten. |
| Leistbarer Verlust | Risiken so wählen, dass sie auch im Misserfolgsfall nicht existenzbedrohend sind. Das erleichtert den Einstieg ins Handeln. |
| Umstände und Zufälle | Offen bleiben für das, was sich ergibt – und das Unerwartete gezielt integrieren, statt nur auf Planbarkeit zu setzen. |
| Vereinbarungen und Partnerschaften | Früh gemeinsam handeln statt isoliert planen. Wer MitstreiterInnen einbindet, erweitert Ideen, Perspektiven und Ressourcen. |
Diese Prinzipien sind besonders dort wirksam, wo Planung an Grenzen stößt – etwa in dynamischen Märkten oder frühen Innovationsphasen. Sie laden dazu ein, Entscheidungen stärker an der Realität auszurichten statt an theoretischen Idealzuständen. Für viele KMU, Selbständige oder Führungskräfte eröffnet das neue Spielräume im Umgang mit Ungewissheit.
Karte und Kompass: klassische Planung vs. Effectuation
Effectuation erweitert den unternehmerischen Werkzeugkasten um eine Denkweise, die dort funktioniert, wo klassische Steuerung an ihre Grenzen stößt. Denn: Nicht jede Situation verlangt nach derselben Herangehensweise.
Während die klassische Steuerungslogik auf Zielklarheit und Vorhersagbarkeit basiert und in stabilen Märken ihre Stärke zeigt, bietet Effectuation zusätzliche Handlungsoptionen, wenn sich Bedingungen rasch ändern oder Ziele erst im Tun entstehen. Beide Ansätze verfolgen ein gemeinsames Ziel: sinnvolle Entscheidungen zu treffen und wirksam zu handeln. Doch sie beruhen auf unterschiedlichen Voraussetzungen.
So entsteht kein Entweder-oder, sondern ein Sowohl-als-auch: Strategische Planung und Effectuation lassen sich klug kombinieren – wie Karte und Kompass auf unbekanntem Terrain. DieKarte zeigt den Weg bei klarer Sicht. Der Kompass hilft im Nebel – und weist die Richtung, bis Orientierung wieder möglich ist.
Praxisbeispiel: Handlungsfähig trotz Rezession
Ein von mir begleiteter mittelständischer Zulieferer aus NRW geriet durch die aktuelle Konjunkturkrise unter Druck. Statt allein auf Sparmaßnahmen zu setzen, stellte die Geschäftsführung zentrale Fragen: Was können wir mit dem, was da ist, erreichen?
In einem Workshop wurde deutlich: CNC-Kompetenz, zertifizierte Prozesse, Kontakte zu einem Technologiezentrum – genug Substanz für neue Ideen. Man startete mit einer Kleinserie für einen lokalen Maschinenbauer und prüfte parallel den Einstieg in die Medizintechnik. Ergebnis: erste Umsätze, neue Zuversicht, tragfähige Perspektiven.
Der Wechsel des Blickwinkels war dabei entscheidend. Nicht die Krise stand im Mittelpunkt, sondern die Frage: Wo können wir mit dem, was wir haben, Wirkung erzielen? Der Mut zum ersten Schritt, verbunden mit einem klaren Blick auf Risiken, führte letztlich zu neuen Geschäftsfeldern – und zu einem stärkeren Selbstverständnis als aktive GestalterInnen.
Mehr als Methode: ein unternehmerisches Mindset
Effectuation ist mehr als ein Werkzeug – es ist eine Haltung. Gerade in Zeiten, in denen Unsicherheit nicht die Ausnahme, sondern oftmals die Regel ist. Wer mit dem arbeitet, was da ist, kalkulierbare Risiken eingeht, Zufälle nutzt und frühzeitig Mitgestaltende einbezieht, erweitert den eigenen Spielraum. Denn in Situationen, die sich nicht zuverlässig planen lassen, zählt vor allem eines: Gestaltungsfähigkeit im Ungewissen.





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