Oft ist es die erste Frage eines Bewerbers oder einer Bewerberin: „Ich habe ja Familie, wie sieht es denn mit flexibler Arbeitszeit aus?“ Wenn du gutes Personal rekrutieren willst, kannst du dich der Aufgabe Familienvereinbarkeit nicht verweigern. Aber es ist nicht nur in deinem eigenen Interesse, auf die Bedürfnisse von Müttern und Vätern sowie pflegenden Angehörigen einzugehen. Auch die Gesellschaft profitiert.
Flexible Arbeitszeiten: Mehr als ein Nice-to-have
Allmählich setzt sich selbst in konservativ geführten Unternehmen die Erkenntnis durch: Wirksame Familienfreundlichkeit bedeutet mehr als ein Schlagwort im Employer Branding. Nur wenn hinter dem schönen Schein tatsächlich Substanz steckt, entscheiden sich Talente mit Familie für einen Betrieb – und bleiben. Dass familienvereinbare Arbeitsbedingungen kein „Nice-to-have“, sondern ein zentraler Baustein im weiterhin anhaltenden Wettbewerb um Fachkräfte sind, belegt auch die sogenannte Attraktivitätsstudie 2024 im Auftrag des Bundesfamilienministeriums. Familienfreundlichkeit, so das klare Ergebnis, wird nicht nur geschätzt, sondern erwartet.
60 Prozent der befragten Eltern und pflegenden Angehörigen bewerten flexible Arbeitszeiten oder spontan mögliche Arbeitszeitunterbrechungen als für sie wichtige Punkte. Gleichermaßen wichtig sind planbare Strukturen. Wenn du in deinem Unternehmen auf starre Modelle setzt, riskierst du also, hoch qualifizierte Fachkräfte an agilere Wettbewerber zu verlieren. Ein weiteres Ergebnis der Attraktivitätsstudie: Benefits wie Kita-Zuschuss, Still-/Ruheraum und Eltern-Kind-Büro werden geschätzt, aber nicht unbedingt erwartet. Du könntest mit solchen Extras im Recruiting also punkten.
Familienfreundlichkeit: Anspruch und Wirklichkeit
Bereits 2023 wurde vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) gemeinsam mit dem Bundesfamilienministerium der Unternehmensmonitor Familienfreundlichkeit veröffentlicht. Im Mittelpunkt dieser Befragung stand nicht der Wunsch, sondern die Wirklichkeit. Demnach ist die Bedeutung einer familienfreundlichen Unternehmenskultur immerhin knapp 86 Prozent der deutschen Unternehmen bewusst. Die Realität aus Sicht der Beschäftigten sieht allerdings noch nicht ganz so rosig aus: Während 51,4 Prozent der befragten Unternehmen angaben, in ihrer Firma eine „ausgeprägt familienfreundliche Kultur“ zu pflegen, sagten das nur 38,2 Prozent ihrer Beschäftigten. Ein ähnlich schiefes Bild ergab auch die aktuelle Attraktivitätsstudie in Bezug auf Väterfreundlichkeit: 63 Prozent der Betriebe hielten sich selbst für „sehr väterfreundlich“, weitere 31 Prozent immerhin für „teilweise väterfreundlich“. Von den befragten Vätern vergaben nur 38 Prozent die Bewertung „sehr väterfreundlich“ und 45 Prozent nannten ihr Unternehmen „teilweise väterfreundlich“.
Übrigens: In der Schweiz können Arbeitgeber ihre Familienfreundlichkeit testen und bewerten lassen. Pro Familia und empiricon bieten eine wissenschaftlich erarbeitete Mitarbeiterumfrage zur Ermittlung des „Family Score“ an.
Die Angst vor dem Karriereknick
Ein wunder Punkt ist noch immer das Thema Karriere. Gerade Führungskräfte fürchten, beruflich aufs Abstellgleis zu geraten, wenn sie auf die Vereinbarkeit von Beruf und Familie bestehen. Das verwundert wenig, wenn Unternehmer noch immer Glaubenssätze wie: „Wer im Homeoffice arbeitet, ist unwichtig“ verkünden oder hinter vorgehaltener Hand über Väter in Elternzeit lästern. Beschäftigte mit und ohne familiäre Verpflichtungen müssen die gleichen Entwicklungs- und Aufstiegschancen haben wie diejenigen, die ohne Familie durchs Leben gehen.
Wenn sich Fachkräfte mit Kindern für eine neue Stelle bewerben, kann das den Umzug in eine andere Stadt mit sich bringen – und zwar für die gesamte Familie. Das will gut überlegt sein und passiert nur, wenn die Bedingungen stimmen. Einmal mehr gilt in diesem Fall: Je größer dein Angebot zur Unterstützung für die Familie, desto höher die Wahrscheinlichkeit einer Entscheidung für deinen Betrieb. Gerade bei Müttern und Vätern, die eine so weitreichende Entscheidung treffen wollen, sollte sich ein Bewerbungsverfahren außerdem nicht unnötig hinziehen. Auch das bedeutet Familienfreundlichkeit und generell Menschlichkeit im Recruiting.
Mein Fazit:
Wenn du in deinem Unternehmen auf flexible und familienfreundliche Strukturen setzt, sicherst du nicht nur die Loyalität deiner Mitarbeitenden, sondern steigerst auch deine Attraktivität als Arbeitgeber. Echte Familienfreundlichkeit bedeutet mehr als schöne Worte im Employer Branding – sie erfordert Substanz, gelebte Werte und eine Unternehmenskultur, die Mütter, Väter und pflegende Angehörige unterstützt, ohne dabei Karrierechancen einzuschränken. Familienfreundlichkeit ist kein Trend, sondern eine strategische Notwendigkeit. Sie kann dein Unternehmen zukunftssicher und menschlich zugleich zu machen.
Super, dass ihr über so ein aktuelles Thema berichtet.
Etwas älter, aber top Beitrag zum Thema modernes Webdesign :).
Ich denke, dass am Ende ein Mittelweg die Lösung sein muss. Reines Homeoffice finde ich als Mitarbeiter gar nicht mal…