Nicht nur bei Arbeitnehmern, auch unter Arbeitgebern und Führungskräften kursiert einiges an Halbwissen, Mythen und Irrtümern. Ab wann darf ich eine Krankschreibung vom Arzt verlangen? Darf ich meine Angestellten dazu auffordern, mir die Diagnose mitzuteilen? Und ist eine Kündigung eigentlich während einer Krankschreibung überhaupt möglich? Wir räumen mit den Mythen auf und erklären, was stimmt und was nicht.
Mythos 1: Krankschreibung erst ab dem dritten Tag
Ein weitverbreiteter Irrglaube ist, dass Krankschreibungen generell erst am dritten Tag beim Chef auf dem Tisch liegen müssen. Das stimmt leider nicht ganz: Gesetzlich vorgeschrieben ist, dass man sich so schnell wie möglich beim Arbeitgeber zu melden hat und spätestens nach dem dritten Krankheitstag eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorliegen muss. Tatsächlich können Arbeitgeber eine Krankschreibung auch schon am ersten Tag verlangen, wie genau das geregelt ist, sollte im Arbeitsvertrag stehen. Übrigens: Seit dem 1. Januar 2023 müssen Arbeitgeber die AU elektronisch bei den Krankenkassen abrufen. Wenn eine Krankschreibung per Telefon möglich ist, müssen Führungskräfte darauf achten, dass sie die Krankschreibung auf diesem Wege erhalten.
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Mythos 2: Darf ich die Diagnose wissen?
Kurze Antwort: Nein, Arbeitgeber dürfen nicht die Herausgabe der Diagnose verlangen – die ist Privatsache. Lediglich eine Information zu der voraussichtlichen Dauer der Krankschreibung muss dem Arbeitgeber vorgelegt werden. Natürlich steht die Prognose auch auf der AU drauf. Die Erkrankung des Personals also genauer unter die Lupe zu nehmen, geht gar nicht – und ist überhaupt auch nicht mehr zeitgemäß.
Mythos 3: Eine Krankschreibung ist immer gültig
Als Führungskraft hast du tatsächlich auch das Recht, eine Krankschreibung zurückzuweisen – die Mitarbeiter können also nicht in jedem Fall davon ausgehen, dass die AU praktisch unanfechtbar ist. Sollte der Mitarbeiter blau machen, können arbeitsrechtliche Konsequenzen bis hin zur Kündigung drohen. Das geht allerdings nur bei einem begründeten Verdacht auf eine Gefälligkeitsbescheinigung vom Arzt. Der ist dabei gar nicht mal so leicht zu begründen, denn eine AU hat einen sehr hohen Beweiswert – man sollte daher wirklich einen triftigen Grund haben, die AU zurückzuweisen. Ein Grund für einen solchen Verdacht könnte beispielsweise eine „zu passend“ terminierte Krankschreibung vor oder nach Urlaubstagen sein, zumindest wenn dies öfter vorkommt.
Mythos 4: Wer krank ist, bleibt im Bett
Grundsätzlich ist diese Behauptung nicht ganz falsch – natürlich dürfen krankgemeldete Angestellte trotzdem zur Apotheke oder einkaufen gehen. Sogar manche Freizeitbeschäftigungen sind völlig in Ordnung. Erlaubt ist alles, was die Genesung nicht verzögert. Einer anderen Arbeit nachzugehen ist jedoch absolut nicht erlaubt. Auch in diesem Fall kann es zur Kündigung kommen. Also: nicht aufregen, wenn du einen Angestellten an einem Arbeitstag mit dem Hund vorbeispazieren siehst – das ist alles noch erlaubt.
Mythos 5: Keine Kündigung während der Krankschreibung
Das ist natürlich Unsinn: Eine Krankschreibung verleiht keinen besonderen Kündigungsschutz. Den hat der Gesetzgeber nicht vorgesehen. Theoretisch ist sogar eine Kündigung wegen Krankheit möglich, allerdings gelten hierfür besonders strenge Voraussetzungen, die Arbeitnehmer schützen sollen.
Mythos 6: Der Chef darf auf die Mails zugreifen
Bei einer Krankschreibung haben Führungskräfte theoretisch die Möglichkeit, auf die Mails krankgeschriebener Mitarbeiter zuzugreifen. Das gilt allerdings nur, insofern die E-Mail-Adresse nicht privat, sondern rein für die Arbeit genutzt wird. Vorsicht: wenn die private Nutzung den Mitarbeitern nicht explizit untersagt wird, ist das Lesen von Mails sogar strafbar! Aufgrund des Post- oder Fernmeldegeheimnisses können Mitarbeiter rechtlich gegen dich vorgehen, falls du etwas liest, das nicht für dich oder die Arbeit bestimmt ist.
Mythos 7: Einfach leichtere Aufgaben
Ebenfalls weit verbreitet: Chefs, die kranken Angestellten einfach weniger körperlich belastende Aufgaben zuschieben. Das geht nicht: Bei der AU gibt es keine halben Sachen oder verschiedene „Stufen“ der Krankheit – wer krankgeschrieben ist, ist eben krank. Dann ist jede Form von Arbeit untersagt.
Mythos 8: Wieder arbeiten, sobald es einem besser geht
So einfach ist es dann leider doch nicht – wenn ein Mitarbeiter, der eigentlich krankgeschrieben ist, entscheidet, dass er nun wieder fit genug ist, sollte man dennoch das Ende der AU abwarten. Solange wie es da geschrieben steht, gilt man als krank. Theoretisch kann es sein, dass der Arbeitgeber haften muss, wenn der Angestellte seinen Gesundheitszustand trotz gültiger Krankschreibung falsch einschätzt und ein Unfall auf der Arbeit passiert. Arbeitgebern ist daher zu empfehlen, den Mitarbeiter um ein neues Attest mit geändertem Enddatum zu bitten – quasi eine Art „Gesundschreibung“.
Super, dass ihr über so ein aktuelles Thema berichtet.
Etwas älter, aber top Beitrag zum Thema modernes Webdesign :).
Ich denke, dass am Ende ein Mittelweg die Lösung sein muss. Reines Homeoffice finde ich als Mitarbeiter gar nicht mal…