Wir leben in einer Empfehlungsökonomie. Umsätze steigen nicht länger proportional zum Werbedruck, sondern mit der Güte der Reputation, der Wertigkeit der Mundpropaganda und der Zahl der aufrichtigen Weiterempfehlungen. Werbung, auf die zu achten es sich lohnt, kommt nun vornehmlich aus dem Kreis der vernetzten Verbraucher. Suchmaschinen sind das neue Weltgewissen. Und kaufbestimmend ist, was das eigene Netzwerk sagt.
Nicht die eigene Firmenwebseite, sondern das Suchfeld von Google & Co. ist zunehmend der Startpunkt für eine potenzielle Kundenbeziehung – und oftmals gleichzeitig das Ende. Marken sind nur noch dann etwas wert, wenn sie aktives Unterstützungspotenzial von Freunden, Fans und Fürsprechern haben. Menschen beobachten verstärkt, was andere mögen – und folgen dem dann. Hierbei rücken mehr und mehr solche Multiplikatoren in den Fokus, die als Meinungsmacher und Referenzgeber fungieren. Ihr Urteil beeinflusst das Konsumverhalten ganzer Gruppen.
Denn viele hören erst mal, was ‚Leaduser‘, ‚Influencer‘ und ‚Opinion-Leader‘ von sich geben. Sie sind die neuen Supertargets für Sales und Marketing. Sie müssen gesucht und gefunden werden. Wenn man sie dann als Botschafter gewinnt, wird alles ganz leicht. Die wenigsten von uns sind nämlich Vormacher, die meisten sind Nachmacher. So kommt es, dass Menschen sich an denen orientieren, die das Sagen haben.
Die neuen Tonangeber
Einer aktuellen Nielsen-Studie zufolge vertrauen in Deutschland 88 Prozent der Befragten auf Empfehlungen von Menschen aus ihrem Umfeld, 64 Prozent vertrauen dem, was Menschen im Web zu berichten wissen, aber nur 25 Prozent der Werbung von Anbietern im Markt. Für Österreich und die Schweiz sehen diese Zahlen übrigens sehr ähnlich aus. Verstärkt spielen also die Beeinflussungen durch Dritte – und immer weniger die teuer bezahlten Selbstanpreisungen der Unternehmen – eine kaufentscheidende Rolle.
Mehr noch: Nach einer Untersuchung des Otto-Versands haben 54 Prozent der Interviewten aufgrund von Online-Kommentaren oder Produktbewertungen ein Produkt, das für einen Kauf in Frage kam, dann doch nicht gekauft. Schlechte Anbieter verlieren also heute bereits jeden zweiten potenziellen Kunden alleine durch das Internet – und ohne es zu merken. „Die Weiterempfehlung ist unsere neue Währung“, sagt Rainer Hillebrand, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Otto Group.
Früher konnten die Marktplayer ihren Werbeschrot(t) völlig unbekümmert in die Welt hinaus ballern. Heute erzeugt alles, was sie tun, öffentliche Resonanz. Ist sie negativ, dann schadet dies Image und Umsatz empfindlich. Und selbst, wenn sie positiv ist, müssen Unternehmen das moderieren. Das Monitoring dessen, was im Web über einen geredet wird (Buzz), ist unter diesen Umständen Pflicht. Das muss ein Unternehmer sich heute genauso selbstverständlich anschauen wie seine Umsatzzahlen – und zwar täglich!
Buzz wird mobil
Auch wenn ein Großteil des Weitererzählens immer noch offline passiert – digitale Mundpropaganda wird zunehmend marktbestimmend. Und sie wird mobil. Noch während wir im Restaurant beim Nachtisch sitzen, schicken wir unsere Geschmackseindrücke an ein passendes Bewertungsportal. Beratungsgespräche mit unserem Finanzberater werden live ins Internet geschickt – und dort spöttisch diskutiert. Kaum haben wir eine neue Wohnung besichtigt, posten wir schon erste Bilder an unsere Facebook-Wall, damit die Freunde sie kommentieren können.
Früher mussten wir, um unsere Erfahrungen in die Welt hinauszuschicken, erst nach Haus gehen und warten, bis der Rechner hochgefahren war. Dank mobiler Endgeräte ist sowas heute ganz leicht. Alles wird via Touchscreen in Echtzeit öffentlich gemacht. Und immer mehr Menschen werden das tun. Der Branchenverband Bitkom schätzt, dass bis Ende 2012 jeder zweite Deutsche ein Smartphone hat.
Selbst Einzelmeinungen können nun ein großes Gewicht bekommen, wenn sie von Tausenden gelesen werden. Denn Online-Netzwerke verstärken immer, was in sie eingespeist wird. Und sie intensivieren die Persönlichkeit eines Unternehmens – im Positiven wie auch im Negativen. Mehr noch: Das, was die Menschen über ein Unternehmen sagen, hat bei den Suchmaschinen Vorrang vor dem, was die Unternehmen selbst über sich selber sagen. Selbst Suchmaschinen-Algorithmen bevorzugen People-Buzz – und bringen ihn ganz weit nach vorn auf die Trefferlisten.
Das neue Business-Mantra
Das Web ist wie eine gigantische, öffentliche Podiumsdiskussion. Vernebeln, vertuschen und Marketing-Lügen sind in diesem Szenario ein Auslaufmodell. Selbst kleinste Fehler werden einem um die Ohren gehauen. Und Minderwertiges wird gnadenlos aussortiert. Nicht nur das Zahlenwerk, auch die moralische Bilanz muss zukünftig stimmen. Wer glaubhaft hilft, die Welt ein bisschen besser zu machen, der wird in diesen neuen Zeiten die Zukunft am besten erreichen.
„Sei wirklich gut und bringe die Leute dazu, dies engagiert weiterzutragen!“
So lautet das neue Business-Mantra. Wer heute nicht empfehlenswert ist, ist morgen nicht mehr kaufenswert – und übermorgen tot. Aus der ‚Weisheit der Vielen‘ (James Surowiecki) ist eine ‚Macht der Vielen‘ und aus der ‚Weisheit der Freunde‘ (Dan Rose) eine weltumspannende ‚Macht der Freunde‘ geworden. An dieser neuen Konstellation kommt nun wirklich kein einziges Unternehmen mehr vorbei.
Nur die Guten kommen durch
Wir können konstatieren: Die größte Empfehlungsmaschine, die es je gab, heißt Social Web. Und digitale Mundpropaganda ist inzwischen fast so was wie Bürgerpflicht. In diesem neuen Szenario werden nur solche Produkte, Services und Marken überleben,
- die die Menschen sinnvoll und nützlich finden,
- für die das eigene Netzwerk und/oder die Öffentlichkeit schwärmt,
- in die man sich ‚verlieben‘ kann.
So sind nun der Businessplan, die Marktbearbeitung und das Kundenkontaktpunkt-Management nach folgenden Fragen zu durchleuchten:
- Wird das, was wir tun, und vor allem, wie wir es tun, unser öffentliches Ansehen stärken?
- Wird das, was wir tun, und vor allem, wie wir es tun, ein positiv-meinungsbildendes Weitererzählen bewirken?
- Wird das, was wir tun, und vor allem, wie wir es tun, unsere Kunden zu Fans und Empfehlern machen?
Wer auf diese Fragen gute Antworten hat, der erlangt Reputation, Loyalität, hochwertiges Neugeschäft und schließlich Profit fast wie von selbst. Die beiden wichtigsten Grundsätze dabei:
Die Wahrheit verkauft sich am besten.
+
Nur die wirklich Guten kommen durch.
So wird es in Zukunft darum gehen, die Dinge, die nicht entdeckt werden sollen, erst gar nicht zu tun (Eric Schmidt). Dann braucht man sich auch keine Sorgen zu machen.
Die besten Vermarkter
Hochglanzbroschüren und Starverkäufer sind schon längst nicht mehr die besten Vermarkter. Die Verkaufsmannschaft der Zukunft wird vor allem aus folgenden Personen bestehen:
- enthusiastische Fans
- aktive Mundpropagandisten
- glaubwürdige Empfehler
- beeinflussende ‚Influencer‘
Fans machen eine Marke zum Kult. Mundpropagandisten stärken ihre Reputation. Empfehler kontaktieren gezielt und ohne Streuverluste genau die Personen, die sich für ein bestimmtes Angebot auch tatsächlich interessieren. Influencer sorgen für den schnellen Erfolg. Und all das tun sie nicht nur kostenlos, sondern auch mit beachtlichen Abschlussquoten. Das nenne ich die beste Umsatzzuwachs-Strategie aller Zeiten.
(Bild: © Michael Brown – Fotolia.de)
Interessante Sichtweise
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Ein gutes Logo ist wirklich entscheidend für den ersten Eindruck eines Unternehmens. Ich habe mich selbst schon oft gefragt, welche…