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Ein Wort mit vier Buchstaben. Und doch so mächtig: Nein. Kaum ein anderes Wort sorgt im Umgang mit JournalistInnen für mehr Nervosität. Denn wer mit einer JournalistIn spricht, hat keine Kontrolle darüber, was am Ende veröffentlicht wird. Und genau das löst bei vielen GesprächspartnerInnen Unbehagen aus. Die typische Frage am Ende eines Interviews oder Hintergrundgesprächs lautet fast immer: „Darf ich den Artikel vor der Veröffentlichung sehen?“ Die Antwort darauf ist klar: Nein.

Dieser Moment ist für viele ein Schock. Die Erkenntnis, dass ihre Worte nun nicht mehr in ihrer Hand liegen, sondern von jemand anderem eingeordnet und verarbeitet werden. Doch genau das ist der Kern von unabhängigem Journalismus. Medien sind nicht dazu da, Unternehmensbotschaften eins zu eins zu transportieren, sondern um kritisch, faktenbasiert und unabhängig zu berichten. JournalistInnen sind keine PR-BeraterInnen. Sie hinterfragen, analysieren und ordnen Informationen ein. Und das bedeutet auch, dass die Berichterstattung nicht immer dem entspricht, was Unternehmen sich wünschen.

PR ist Kontrolle – Journalismus ist Freiheit

Es gibt einen entscheidenden Unterschied zwischen Public Relations (PR) und Journalismus, und genau dieser sorgt oft für Missverständnisse. In der PR geht es darum, eine Botschaft gezielt zu platzieren. Unternehmen, Selbstständige und Organisationen möchten kontrollieren, wie sie in der Öffentlichkeit dargestellt werden. Jede Pressemeldung wird vorher abgestimmt, jede Formulierung geprüft. In der PR steht die Kontrolle über die eigene Kommunikation im Vordergrund.

Journalismus hingegen funktioniert nach anderen Regeln. Er ist frei, unabhängig und keiner Unternehmensstrategie verpflichtet. JournalistInnen entscheiden selbst, was sie berichten, welche Perspektiven sie einnehmen und welche Informationen relevant sind. Wer mit einer JournalistIn spricht, gibt die Kontrolle über die eigene Aussage ein Stück weit ab. Natürlich bleibt die Verantwortung für das Gesagte bei der jeweiligen Person. Doch ob, wie und in welchem Kontext es veröffentlicht wird, liegt nicht in ihrer Hand.

Warum Vorabkontrolle die Pressefreiheit gefährden würde

Die Bitte um Vorabkontrolle mag harmlos erscheinen. Schließlich geht es doch nur darum, sicherzustellen, dass keine Missverständnisse entstehen, oder? Tatsächlich ist das Problem viel größer. Würden JournalistInnen allen GesprächspartnerInnen ermöglichen, Texte vorab zu überprüfen, wäre die Unabhängigkeit der Berichterstattung massiv gefährdet. Die journalistische Aufgabe besteht nicht darin, Unternehmen oder Einzelpersonen vor unangenehmen Wahrheiten zu schützen.

Natürlich gibt es berechtigte Anliegen. Niemand möchte falsch zitiert oder missverstanden werden. Doch genau deshalb legen seriöse JournalistInnen Wert auf korrekte Wiedergabe. Wer Zweifel hat, kann in einem Interview nachfragen, um Missverständnisse zu vermeiden. Und wer sich unsicher ist, wie die eigene Aussage wirken könnte, sollte sich vorher überlegen, was sie oder er sagt. Denn alles, was im Gespräch gesagt wird, kann und wird auch genau so veröffentlicht.

Vertrauen statt Kontrolle: Wie Unternehmen mit Medien umgehen sollten

Statt auf Kontrolle zu setzen, sollten Unternehmen und PR-Verantwortliche lernen, mit Medien konstruktiv zusammenzuarbeiten. Das bedeutet vor allem: Vertrauen in den journalistischen Prozess. Wer sich offen, ehrlich und transparent äußert, hat in der Regel nichts zu befürchten. JournalistInnen sind keine GegnerInnen; sie sind InformationsvermittlerInnen. Ihr Ziel ist nicht, jemandem zu schaden, sondern Fakten objektiv darzustellen.

Unternehmen, die sich der Zusammenarbeit mit Medien verweigern oder nur mit JournalistInnen sprechen, die ihnen wohlgesonnen sind, verpassen eine große Chance und machen sich öffentlich unglaubwürdig. Denn gerade kritische Berichterstattung kann langfristig Vertrauen schaffen. Wer bereit ist, sich einer ehrlichen Auseinandersetzung zu stellen, zeigt Haltung. Und genau das ist es, was KundInnen, InvestorInnen und die Öffentlichkeit erwarten: Authentizität statt glattgebügelter PR-Floskeln.

Akzeptiere den Kontrollverlust – und nutze ihn für dich

Journalismus ist kein PR-Instrument. Wer mit JournalistInnen spricht, muss akzeptieren, dass er oder sie die Kontrolle über den finalen Artikel nicht hat. Das mag ungewohnt sein, ist aber essenziell für eine funktionierende Pressefreiheit. Unternehmen und Selbstständige sollten diesen Kontrollverlust nicht als Bedrohung sehen, sondern als Chance: eine Möglichkeit, echte, unverfälschte Geschichten zu erzählen, statt bloßer PR-Statements.

Das nächste Mal, wenn du mit einer JournalistIn sprichst, denk daran: Was du sagst, wird so veröffentlicht werden. Überlege dir also gut, was du kommunizierst – und vertraue darauf, dass gute JournalistInnen sich an die Regeln ihres Handwerks halten. Denn auch wenn du keine Kontrolle über den Artikel hast, hast du Kontrolle über deine eigenen Worte. Nutze sie weise.

Mario Landauer

Mario Landauer ist PR-Berater und Experte im Bereich der Sichtbarkeit. Als Geschäftsführer der Agentur „Die ContentSchmiede“ ist er jeden Tag mit der Frage konfrontiert, wie er seine KundInnen sichtbarer machen kann, um sie noch besser am Markt zu etablieren. Hierbei greift er auf innovative Ideen zurück, oft entgegen dem Standard stehen. Somit gewährleistet er eine außergewöhnliche Umsetzung, die bei Zielgruppen in Gedanken bleiben.

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