Veränderungskompetenz und Innovationsgeist sind auf dem Weg in die Zukunft ein Muss. Killerphrasen, durch die Neues frühzeitig abgeblockt wird, sind deshalb fatal. Wo diese weitläufig Einzug halten, herrscht eisiges Schweigen, weil niemand sich mehr etwas traut. So kommt das ganze Unternehmen zum Stillstand.
Neulich bei einem Workshop. Eine Idee wird präsentiert. Halleluja, denke ich, was für ein cooler Vorschlag. Da meldet sich der Personalleiter zu Wort. „Oh, oh,“ unkt er bange, „das wird nicht funktionieren, da kriegen wir wahrscheinlich Ärger mit dem Arbeitsrecht.“ Eisiges Schweigen. Wer legt sich schon gern mit dem Arbeitsrecht an? Und wer kennt sich da überhaupt aus? Nicht einer fragt nach, was das Arbeitsrecht denn konkret dazu sagt. Die Idee war vom Tisch. So ist das oft. Der Boss sagt, es geht nicht, und alles steht still. Doch nicht nur an den Machthebeln sitzen Ideenvernichter.
Klar gibt es eine Unzahl von Gründen, weshalb innovative Ideen es nicht in die Umsetzung schaffen. Manchmal sind sie einfach nicht gut genug. Bisweilen wurden sie schlecht präsentiert. Oder der wahre Entscheider wurde nicht adressiert. Oft scheitern Ideen auch an vorgespieltem Interesse, dem dann Untätigkeit folgt. „Verbale Aufgeschlossenheit bei anhaltender Verhaltensstarre“ nenne ich das. Man kann eine Sache ja immer auch lassen. Doch die meisten Ideen scheitern, weil sie gefürchtet werden. Denn Etablierte und gut Situierte sehen dabei primär das, was sie verlieren.
Für manche sind Ideen sehr gefährlich
Ideen sind zunächst nur Denkangebote, um gemeinsam klüger und bestenfalls erfolgreicher zu werden. Doch selbst die brillantesten Vorstöße geraten durch Bedenkenträger, Sicherheitsfanatiker und Bequemlinge unter Beschuss. Ich nenne sie Vorgesternbewahrer. Diese fürchten um ihre Pfründe und den sozialen Abstieg. Deshalb versuchen sie krampfhaft, zu schützen, was sie besitzen. Wandel ist für sie keine machtvolle Chance, sondern eine ernste Gefahr
Eine Idee wird erst dann zu einer Innovation, wenn sie in die Umsetzung geht und sich im Markt als erfolgreich erweist. Doch Vorgesternbewahrer bremsen alles aus und sorgen so dafür, dass die Unternehmen zu Innovationsnachzüglern werden. Und je größer und älter die Firma, desto öfter passiert das. Gute Ideen sind vor allem am Anfang sehr zerbrechlich und werden leicht totgetrampelt. Killerphrasen eignen sich dafür bestens. Sie versauen das Klima und eisen alles ein.
Killerphrasen gibt es wie Sand am Meer
Abwehr macht manche sehr kreativ. Die größten Innovationsblocker sind die eigene Bequemlichkeit („Dafür haben wir jetzt keine Zeit!“), die Angst vor Neuem („Das haben wir noch nie so gemacht!“), Reviergehabe und das Nicht-hier-erfunden-Syndrom („Sie haben doch überhaupt keine Ahnung, wie das hier bei uns läuft!“). Oft wird es persönlich: „Seien Sie doch nicht so naiv!“ Oder höhnisch: „Sie wollen was ändern? Die Phase hat am Anfang hier jeder. Das geht vorbei.“
Oder recht bissig: „Was mischen Sie sich hier ein?!“ Oder ganz unverbindlich: „Lass mal, das schafft zu viel Unruhe jetzt, warten wir lieber noch ab.“ Gern wird auch ein bisschen gedroht: „Sei vorsichtig, du bist noch in der Probezeit.“ Auf manche Phrasen fällt man recht schnell mal herein. „Das machen wir doch schon!“, ist eine solche. Da muss nachgefragt werden: Wie denn genau? Wie früher? Wie immer? Wie alle? Wer das Neue am Neuen nicht einmal sieht, ist besonders gefährdet.
Wie man auf Killerphrasen gut reagiert
Oft wird das neue am Neuen auch überhört, weil unser Gehirn das Vertraute so liebt. Akzeptiert also kein kategorisches Nein, fragt zumindest testweise nach: „Was geht denn schon mal?“ Oder noch besser: Werdet zum Doch-Sager, etwa so: „Das geht nicht? Doch, das geht. Wir müssen nur mit ersten kleinen Schritten beginnen. Wer von euch hat denn eine Idee für einen schnellen Anfangserfolg?“
Oder so: „Doch, das geht. Mit dem neuesten Wissen können wir es zum Laufen bringen.“ Ewig Gestrige kontern hier gerne weiter: „Ja, aber das lässt der Chef/unser Regelwerk/die Compliance sicher nicht zu.“ In dem Fall geht man zur Quelle und fragt nach. Viele solcher Annahmen bestätigen sich nämlich nicht. Und wenn einer „Die Kunden wollen das nicht“ sagt, fragt ihr munter: „Wie hast du das denn analysiert?“
Einen Killerphrasen-Friedhof installieren
Bei Killerphrasen ist zunächst zu sondieren, ob es sich um reine Abwehr oder um einen schlecht formulierten Hinweis handelt, dem man nachgehen sollte, weil er die eigene Idee besser macht. Wie sich das eine vom anderen unterscheidet? Der destruktive Ideenvernichter bringt nur den Killersatz. Der konstruktive Skeptiker hat neben seinen Zweifeln auch einen Vorschlag parat.
Wer Killerphrasen jedoch unhinterfragt zulässt, erschafft ein Immunsystem gegen Veränderung. Deshalb braucht es zunächst die Erkenntnis, dass Killerphrasen nichts und niemanden weiterbringen. Danach beginnt ihr, diese zu sammeln. Schließlich werden sie begraben: auf einem Friedhof für Ideenkillerphrasen. Dazu könnt ihr ein Poster machen, etwa so, wie es die Abbildung zeigt. Das hängt ihr an der Wand im Besprechungsraum auf.
Lasst Platz für neue Phrasen, Bremsern fallen bestimmt noch weitere ein. Und ja, natürlich: Wenn euch der Friedhof zu morbide erscheint, erschafft ein eigenes Bild, dass zum Beispiel mit Mülleimern und Frühjahrsputz zu tun haben könnte. Wem all das zu heftig erscheint, für den gibt es eine noch softere Variante: Um destruktive Sprache im Meeting zurückzudrängen, ruft jemand „Sonnenschein“. Es ist das Codewort für die Team-Regel, ein positives Denken und Handeln zu pflegen.

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Super, dass ihr über so ein aktuelles Thema berichtet.
Etwas älter, aber top Beitrag zum Thema modernes Webdesign :).
Ich denke, dass am Ende ein Mittelweg die Lösung sein muss. Reines Homeoffice finde ich als Mitarbeiter gar nicht mal…