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Multinationale Projekte: Die Unterschiede zeigen sich erst beim Zusammenarbeiten (2)

Multinationale Projekte: Die Unterschiede zeigen sich erst beim Zusammenarbeiten (Teil 2)Fortsetzung zu Teil 1

Workshops zum Sich-Beschnuppern

Deshalb empfiehlt sich, vor dem Start von transnationalen Projekten zumindest mit den Schlüsselpersonen zum Beispiel ein, zwei Workshops durchzuführen, bei denen sich diese beschnuppern können – Workshops also, bei denen es weniger darum geht, das Projekt und die Zusammenarbeit bis ins Detail zu planen, als die emotionale Basis zu schaffen, damit die Zusammenarbeit im Alltag auch über weite Entfernungen und Kulturgrenzen hinweg funktioniert.

Solche Workshops kosten Zeit und Geld. Sie amortisieren sich aber schnell, da anschließend die Zusammenarbeit störungsfreier funktioniert – auch weil zum Beispiel die Deutschen bei den Franzosen und umgekehrt die Franzosen bei den Deutschen Fürsprecher haben.

Und treten trotzdem mal Störungen oder Irritationen auf? Dann ist der Griff zum Telefonhörer leichter, um zum Kollegen am anderen Ende zu sagen: „Du Pierre, …“ oder „Du, Peter, ich glaube, wir sollten mal darüber reden, …“. Risiken, aus denen Probleme werden könnten, werden also schneller thematisiert. Und bereits vorhandene Probleme? Sie werden nicht so lange unter den Teppich gekehrt, bis aus ihnen echte Krisen werden, um sich anschließend hierüber in wechselseitigen Schuldzuweisungen zu ergehen.

Solche Workshops bedürfen wie alle Teamentwicklungsmaßnahmen einer sorgfältigen Planung, denn das Sich-Kennen- und Verstehen-Lernen ist nicht zweckfrei. Vielmehr sollen die Teilnehmer anschließend besser kooperieren. Entsprechend wichtig ist es mit ihnen zu Beginn die Erwartungen zu klären. Leitfragen hierfür können sein:

Denn Kennenlern-Prozess moderieren

Sind die Erwartungen geklärt, wird in solchen Workshops meist über folgende Themenkomplexe gesprochen:

Wichtig ist beim Bearbeiten dieser Themen, dass hierüber kein Trainer oder Berater doziert. Die Teilnehmer sollen miteinander ins Gespräch kommen.

Wenn es darum geht, die Kultur des jeweils anderen kennen zu lernen, kann ein Arbeitsauftrag an die Teilnehmer zum Beispiel lauten: „Stellen Sie sich vor, Sie erhalten den Auftrag nach Paris (bzw. Berlin) zu fahren und dort eine Gruppe von Franzosen (bzw. Deutschen) dafür zu begeistern, freiwillig in Ihr Land zu kommen, um dort einige Zeit zu arbeiten. Wie würden Sie den Franzosen/Deutschen dies schmackhaft machen?“ Als mögliche Fragen, auf die sie während ihrer Lobrede auf ihre Heimat Antworten geben sollen, kann den Teilnehmern vorgegeben werden:

Ähnlich kann das Vorgehen sein, wenn es darum geht, das eigene Unternehmen vorzustellen. Dann können die Leitfragen zum Beispiel lauten:

Den Anderen als Individuum wahrnehmen

Bevor solch arbeitsplatznahe Fragen erörtert werden, sollten die Teilnehmer sich jedoch persönlich kennen lernen, so dass das Eis zwischen ihnen bricht. Dies kann zum Beispiel mittels Vier-Augen-Gesprächen geschehen, bei denen die Teilnehmer aus den verschiedenen Ländern sich den neuen Partner vorstellen und dabei auf folgende Fragen eingehen:

Das zentrale Ziel solcher Workshops ist, dass sich die Teilnehmer am Schluss als Personen wechselseitig wertschätzen. Dies ist wichtig. Denn wenn Personen gemeinsam eine Aufgabe erfüllen müssen, entstehen immer wieder Missverständnisse und Irritationen. Das ist bei jedem Projekt der Fall.

Der einzige Unterschied bei transnationalen Projekten: Die möglichen Ursachen für Irritationen sind vielfältiger. Und: Die Teilnehmer haben, wenn etwas schief geht, schnell eine Entschuldigung parat. „Das liegt an den Amerikanern …“, „… den Franzosen …“, „… den Deutschen, denn die …“

Den Anderen, wie er ist, respektieren

Entsprechend wichtig ist es, mit den Teilnehmern zu erarbeiten, dass wechselseitiger Respekt und die Bereitschaft, sich zu verstehen und zu kooperieren, die Grundvoraussetzungen für eine erfolgreiche Zusammenarbeit sind. In welchem Verhalten sich Respekt zeigt, dies ist jedoch von Kultur zu Kultur verschieden. Deshalb sollten in solchen Workshops auch Fragen erörtert werden wie:

Aus den Antworten können dann Regeln für den Umgang miteinander abgeleitet werden. Eine Regel sollte auf alle Fälle lauten: Wenn jemand gegen eine Regel verstößt, dann ziehe ich mich nicht schmollend zurück. Dann frage ich die Person vielmehr, warum sie sich so verhalten hat.

Denn die meisten Regelverletzungen erfolgen aufgrund von Missverständnissen. Oder weil der betreffenden Person Infos fehlten. Oder weil sie gerade in Stress war. Oder weil … Entsprechend leicht lassen sich aus Regelverstößen resultierende Irritationen zumeist auflösen, wenn man miteinander spricht – ohne den anderen sogleich anzuklagen.

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(Bild: © soupstock – fotolia.com)

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