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Die Kunst, richtige Entscheidungen zu treffen

Richtige Entscheidung: Strichmännchen mit Fragezeichen, das zwischen den Holzwürfeln mit Häkchen und Kreuz steht.

Die Kunst, richtige Entscheidungen zu treffen - Foto: © Cagkan - stock.adobe.com

Eine falsche Entscheidung ist besser als überhaupt keine. Zugegeben, dieser Satz klingt provokativ als Einleitung zu einem Beitrag mit dem Titel: „Die Kunst, richtige Entscheidungen zu treffen“. Und doch trifft er genau den Kern der Sache, denn eine falsche Entscheidung hat falsche Konsequenzen, und die merkt man. Wenn man sich bewusst ist, eine falsche Entscheidung getroffen zu haben, hat, dann kann man diese korrigieren, Schadensbegrenzung betreiben oder zumindest aus seinen Fehlern lernen. Wenn man den Dingen hingegen ohne Eingreifen ihren Lauf lässt, kommt man gar nicht erst auf die Idee, dass das Ergebnis etwas mit der fehlenden Entscheidung zu tun haben könnte. Schließlich hat man ja nichts getan. Und schon fühlt man sich als Opfer der Umstände.

Das genaue Gegenteil dessen, eine Entscheidung erzwingen zu wollen, ist aber auch nicht besser. In der Fliegerei nennt man diesen Effekt Ankommeritis: „Wir haben schon so viel investiert. Wir sind schon so viele Runden geflogen: Wir können doch jetzt nicht einfach aufgeben!“ Die tragische Krux dabei ist, dass wir Alternativen gar nicht erst erwägen, dass wir Warnzeichen ignorieren und gute Ratschläge Wohlmeinender in den Wind schlagen. Und schon ziehen wir eine Sache durch, bei der alle Alarmsirenen hätten heulen müssen.

Wie lösen wir dieses Dilemma? In Beratungsprojekten erlebe ich immer wieder, dass es vielen weit weniger darum geht, die wirklich beste Lösung zu finden, sondern vielmehr darum, Fehler und damit Fehlentscheidungen zu vermeiden Und das hat einen ganz einfachen Grund: Regelmäßig müssen wir Entscheidungen treffen, obwohl uns noch längst nicht alle wichtigen Informationen zur Verfügung stehen. Wenn wir allerdings warten, bis alle nötigen Fakten auf dem Tisch liegen, sind wir schlicht und einfach zu langsam. Und schon hat uns ein anderer mit einem Prototyp oder einer Geschäftsidee überholt.

Wir müssen unsere Wahl also stets mit dem Risiko treffen, sie später wieder korrigieren zu müssen. Wie können wir dann aber die gravierendsten Fehlentscheidungen ausschließen?

Als Erstes sollten wir uns über verschiedene Irrtümer klar werden, die nach wie vor zum Thema Entscheidungen durch die Gehirne der Menschen geistern.

Die drei unzutreffenden Mythen über Entscheidungen

Es gibt drei große Entscheidungsmythen, an die wir hartnäckig glauben, die aber unwahr sind:

Keine Entscheidung ist an sich alternativlos. Dieser Mythos verhindert jedoch, dass wir andere Optionen erkennen und kreativ entwickeln.

Fast alles, was wir tun, wird von Gewohnheiten oder Routinen gesteuert. Der Mythos, dass wir stets bewusst handeln, hält uns davon ab, diese Autopiloten zu erkennen, um mit echtem und vollem Bewusstsein an die Sache heranzugehen.

Hier ignorieren wir, dass alle Entscheidungen zumindest stark emotional geprägt sind. Erst im zweiten Schritt werden diese Entscheidungen dann rational gerechtfertigt.

Schon diese Liste liest sich wie eine Anleitung zur Wachsamkeit. Immer wenn wir etwas für alternativlos und uns für besonders überlegt oder clever halten, sollte die innere Sirene anspringen.

„Gute“ Heuristik oder „böse“ Verzerrung?

Eine weitere wichtige Ursache für Fehlentscheidungen ist die Art und Weise, wie unsere grauen Zellen Informationen verarbeiteten. Um die riesige Menge an Informationen überhaupt bewältigen zu können, wendet das Gehirn ein paar Tricks an. Diese Tricks sind eine Art Abkürzung, auch Heuristiken genannt. Wir nutzen Heuristiken etwa, um Komplexität zu reduzieren, indem wir Schemata finden, Gemeinsamkeiten erkennen oder auf Erfahrungen zurückgreifen. Das ist auf einerseits sehr sinnvoll, um schnell agieren zu können. Andererseits birgt es jedoch ein enormes Gefahrenpotenzial. Denn die hilfreiche Heuristik kann plötzlich zu einer gefährlichen Wahrnehmungsverzerrung werden – ein kognitives Bias.

Der erste Schritt zur Wahrnehmung dieser Fallen, ist die wichtigsten Verzerrungen zu erkennen, bevor sie teure Konsequenzen nach sich ziehen.

Focus Bias

Wir sehen das, worauf wir unsere Wahrnehmung richten. Wer Probleme sucht, der wird sie finden, wer nur Chancen sehen will, wird offensichtliche Probleme manchmal völlig ignorieren. Wenn wir einen Menschen einmal eine Schublade gesteckt haben, wird er sich sehr schwertun, jemals wieder herauszukommen

Labeling und Emotional Tagging

Wer labelt, presst einem Menschen oder einer Sache einen Stempel auf. In der Politik kennen wir die „Linken“ und die „Rechten“, in der Impfdiskussion die „Querdenker“ und beim Klima die „Klimakleber“. Diese Etiketten sorgen dafür, dass wir Situationen und ihre Protagonisten vorschnell über einen Kamm scheren. Das Emotional Tagging lädt diese Labels zusätzlich emotional auf. Dann hält man zum Beispiel jeden, der Impfungen nicht mit Hurra begrüßt, für einen Verrückten oder bannt einen attraktiven Geschäftspartner nur deshalb, weil man selbst ein Fan von Borussia Dortmund ist und dieser Schalke 04 anfeuert.

Korrelation vs. Kausalität

Der erste mit dem zweiten zu verwechseln, ist der Klassiker schlechthin. Nur weil zwei Dinge zufällig gleichzeitig oder kurz nacheinander passieren, besteht nicht automatisch ein Verhältnis von Ursache und Wirkung. Dass im Herbst die Zeit umgestellt wird, hat nichts mit der kurz darauf einsetzenden Grippewelle zu tun. Gerade dieser Irrtum spielt auch im Geschäft eine große Rolle, wenn etwa die Umsätze nach einer Marketinginitiative steigen. Hat dies tatsächlich die Kampagne ausgelöst? Oder gab es einen zweiten, unsichtbaren Grund, mit dem die Aktion einfach nur zeitlich zusammengefallen ist?   

Framing Effekt

Beim Framing werden Information in einen bestimmten Kontext gesetzt, der die Basis für ihre Interpretation liefert. Ein Verkäufer wird zum Beispiel viele teure Vorschläge machen, um dann doch noch ein vermeintliches Superangebot aus dem Ärmel zu zaubern. Auch das muss, gemessen am Markt, längst kein Preishit sein. Aber wir kaufen, weil wir den Preis nicht zum Markt, sondern zu den Offerten davor in Relation setzen.

Bestätigungsfehler / Confirmation Bias

Der Bestätigungsfehler ist eine Folge selektiver Wahrnehmung. Wenn wir unbewusst von etwas überzeugt sind, akzeptieren wir vorzugsweise Informationen, die uns darin bestärken. Selbst wenn gute Fakten dagegensprechen, werten wir diese ab oder ignorieren sie komplett. Auch hier liefern die Covid- und Klimadiskussionen wieder viele Beispiele dafür, und auch im professionellen Tagesgeschäft sind wir nicht dagegen gefeit.

Bubble Bias / Filterblase

Diesen Effekt kennen wir aus den sozialen Medien, die uns bevorzugt Inhalte präsentieren, die unseren Neigungen entsprechen. Schließlich sollen wir so lange wie möglich eingeloggt bleiben und Werbung konsumieren. So entsteht langsam ein schiefes Bild der Welt, weil wir andere Ansichten gar nicht mehr zu Gesicht bekommen. Weil wir uns zudem auch real und virtuell meist mit Menschen ähnlicher Denkweisen umgeben, glauben wir irgendwann, dass alle so denken, wie wir.

Heuristiken nutzen, Verzerrungen meiden

Eigentlich ist es gar nicht so schwer, bessere Entscheidungen zu treffen. Oft reicht es schon, sich nichts mehr vorzumachen und gleichzeitig sein Augenmerk darauf zu lenken, die meist unbewussten Fehlerquellen aktiv zu vermeiden.

Zugegeben: Etwas Übung kann dabei nicht schaden. Am besten klopft man bei großen Entscheidungen die Informationsbasis explizit auf die verschiedenen Verzerrungen hin ab und holt sich externen Rat, bevor man vorschnell zupackt. Denn zu oft ist es so, dass sich der erste Gedanke zwar richtig anfühlt, aber viel zu kurz gegriffen ist.

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