Im ersten Teil des Beitrags dreht sich alles um Fehlerquellen bei der Wahrnehmung anderer. Nun geht es darum, niemanden in die falsche Schublade zu stecken und darauf zu achten, keine Missverständnisse zu provozieren.
2. Etikettierungsfehler & Erwartungsfalle:
Bei der Einschätzung und Beurteilung anderer Menschen drücken wir ihnen oft vorschnell bestimmte Stempel auf. Häufig deuten wir außerdem entscheidende Situationen anders als unser Gegenüber.
Die Folge: Es kommt zu unnötigen Konflikten oder peinlichen Missverständnissen, wir verschenken wertvolle Chancen oder übersehen wichtige Fakten! Gerade beim Umgang mit denjenigen, mit denen wir tagtäglich zusammenarbeiten, lauert hier ein hohes Konfliktpotenzial.
Pygmalion-Effekt: Ich find‘ dich gut, drum bist du gut!
Weil wir bestimmte Merkmale einer Person positiv wahrnehmen oder zumindest so deuten, erwarten wir von der betreffenden Person auch nichts anderes als Positives. Drum würde Frau Mateen nie Toner klauen, sie ist doch immer so nett!
Andorra-Effekt: Ich find‘ dich schlecht, drum bist du schlecht!
Wenn man nur lange genug danach sucht, findet man früher oder später etwas Negatives. War ja klar, dass der unsichere Neue aus dem Design vor lauter Nervosität mal wieder alles verbockt hat, oder?
Selbsterfüllende Prophezeiung: Ich hab’s ja gesagt!
Wenn wir anderen ein bestimmtes Verhalten offen und konsequent genug nachsagen, kann dies dazu führen, dass sich unsere Einschätzung tatsächlich auf deren Verhalten auswirkt. Dementsprechend bleibt der Neue, der nichts allein erledigen kann, immer der Neue, der nichts allein erledigen kann, weil wir ihm immer wieder sagen, dass er nichts allein erledigen kann. Da haben wir’s, wie oft hab ich euch das schon gesagt, dass der einfach nichts allein erledigen kann?!
3. Situationsdeutung: „Ich komm‘ dir entgegen!“ – „Komm‘ mir nicht so!“
Die Mütter aller Missverständnisse ergeben sich meistens dann, wenn bestimmte Aussagen, Handlungen und Situationen von den Beteiligten aus völlig entgegengesetzter Richtung bewertet und interpretiert werden.
Konkret: Was man sagt/tut, deckt sich manchmal weder mit dem, was man meint, noch mit dem, was die anderen zu verstehen glauben. Dabei müssen nicht einmal Humor, Ironie oder Sarkasmus im Spiel sein – manchmal genügt buchstäblich ein falsches oder fehlendes Wort – und schon hat man einen handfesten Konflikt, ohne dass man genau weiß, warum!
Subjektive Interpunktion – oder: Wenn immer die anderen anfangen…
Du kennst solche Konflikte bestimmt: Jeder ist überzeugt, dass die eigenen Aussagen/Handlungen lediglich Reaktionen auf bereits erlittenes Unrecht sind. Man selbst hat ja schließlich nicht damit angefangen! Es geht also eigentlich immer nur darum, was zuerst war: Huhn oder Ei.
Denk z.B. an Verhandlungsgespräche: Dein Kunde unterstellt dir, dass du den Leistungsumfang immer weiter zusammenstreichst, weil du mehr Geld herausholen willst. Du hingegen vertrittst den Standpunkt, dass du draufzahlst, wenn du ihm noch weiter entgegenkommst – klassische Sackgasse, oder?
Aus Fehlern lernt man – also mach‘ was draus!
Wenn du dich beim einen oder anderen Fehler ertappt hast, solltest du dich fragen, wie du ihn künftig vermeiden kannst. Dies wäre nicht zuletzt ja in deinem eigenen Interesse! Die gute Nachricht: Meistens genügt schon das Wissen, dass es die angesprochenen Fehlerquellen gibt, um sie künftig zu vermeiden oder wenigstens zu verringern.
Ganz nach dem Motto: „Kenne den Feind“ kannst du nun etwas wachsamer bei deinen Beurteilungen, Einschätzungen und Bewertungen anderer vorgehen. Wirf daher nach jedem Blick auf dein Gegenüber auch einen auf dich selbst – gerade wenn du das Gefühl hast, dir ein Bild von ihm bzw. ihr gemacht zu haben!
Nicht verzagen, hinterfragen!
Frage dich gerade bei konfliktverdächtigen Situationen, Gesprächen und Verhandlungen regelmäßig und ehrlich:
- Was verstehe ich?
- Was interpretiere ich?
- Warum deute ich es gerade so?
- Wie will ich verstanden werden?
- Wie könnte ich stattdessen verstanden werden?
- Was kann ich tun, um Missverständnisse aufzuklären?
Auf diese Weise kommst du einer klaren Sicht durch deine Brille und dem, was eine objektive Einschätzung sein sollte, ein ordentliches Stück näher. Dadurch reduzierst du Fehleinschätzungen, die zu Missverständnissen und/oder Konflikten führen, und erhöhst deine zwischenmenschliche „Trefferquote“!
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