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Plötzlich Nachfolger? Neue Werte gekonnt etablieren (Teil II)

Wenn der Junior dem Senior im Familienunternehmen nachfolgt, prallen Welten aufeinander. Konflikte aufgrund unterschiedlicher Wertevorstellungen sind vorprogrammiert. Sie müssen aber nicht zwangsläufig zum Scheitern der Übergabe führen, sondern können als Grundlage für notwendige Veränderungen dienen. Werden Werte im Unternehmen gelebt, sind sie ein sehr bedeutender Erfolgsfaktor, besonders in mittelständischen Unternehmen.

Junior & Senior: Zwei Welten, die aufeinander treffen

Der Junior ist in einer anderen Welt groß geworden als der Seniorunternehmer. Er bringt unterschiedliche

  • Erfahrungen,
  • Lebenshintergründe und
  • somit auch Werte mit.

Ganz selbstverständlich nutzt er die Sozialen Medien, pflegt einen anderen Führungsstil, der auf Kooperation setzt und kaum ist eine Neuerung umgesetzt, denkt er schon an die Nächste.

Dem Senior graust davor: Das ist nicht seine Welt, ihm ist alles fremd und er denkt sich:

„Bisher ist doch alles gut gelaufen, auch ohne den ganzen medialen Einsatz. Im Übrigen sage ich, wo der Hase lang läuft mit meiner langjährigen Erfahrung. Warum also alles verändern? Wir machen es wie immer!“

Unterschiedliche Welten = Unterschiedliche Werte

Senior und Junior leben quasi in verschiedenen Werte-Welten, wie sich beispielsweise im unterschiedlichen Umgang mit neuen Medien zeigt.

  • Dem Junior sind technische Innovationen wichtig und der Senior setzt auf die Tradition.
  • Beim Führungsstil legt der Junior Wert auf Kooperation, der Senior auf Gehorsam.
  • Im Handeln ist der Junior angetrieben von neuem Wissen und der Senior setzt auf Gewohnheiten.

Warum sind Werte wichtig für das Unternehmen?

Werte sind Richtungsweiser, Sinngeber und bestimmen unser Handeln im Positiven wie im Negativen, ohne dass sie uns bewusst sind. Sie dienen als Grundlage für

  • Bewertungen, die wir machen,
  • um eine Situation,
  • eine Aktion oder
  • eine Person einzuschätzen.

Entsprechend der Einschätzung folgt dann unsere Handlung.

Werte bestimmen unser Denken & Handeln

Die Rangfolge und die Ausprägung der einzelnen Wertvorstellungen sind bei jedem Menschen unterschiedlich. Auch wenn wir gleiche Werte aufzählen, heißt das nicht, dass wir das Gleiche darunter verstehen.

Handeln wir entsprechend unseren Werten, fühlen wir uns erfüllt. Handeln wir entgegen unseren Werten oder werden dazu gezwungen, befinden wir uns in einer inneren Zwangslage, die schwer zu ertragen ist. Der innere Konflikt endet schnell in einem äußeren Konflikt.

Der Senior bleibt beim Alten – Junior will Veränderungen

Der Junior schätzt das Lebenswerk des Seniors und weiß wie wichtig es dem Senior ist, dass es in der Familie bleibt und weitergeführt wird. Aber als baldiger Chef braucht er dennoch Handlungsspielraum und möchte nicht nur als Befehlsempfänger ausführen, was der Senior vorgibt.

Er strebt selbst den langfristigen Erfolg der Firma an und deswegen hält er viele Veränderungen für notwendig. Das führt zu immer wieder neuen Auseinandersetzungen mit dem Senior. Nichts bewegt sich und er stellt sich immer häufiger die Frage, ob er hier wirklich am richtigen Platz sei.

Eine neue „Werte-Welt“ herstellen! So muss der Nachfolger vorgehen:

1. Schritt: Eigene Werte erkennen

Der erste Schritt in eine Welt von bisher unbewussten Werten besteht daraus, sich mit den eigenen Werten vertraut zu machen.

  • Was ist Ihnen wichtig?
  • Was ist typisch für Sie selbst?
  • Wozu handeln Sie so unverwechselbar wie Sie es tun?

Diese Fragen helfen dabei auf diesem neuen „Werte-Planeten“ Fuß zu fassen.

Neue Wertvorstellungen entstehen mit neuen Herausforderungen

Ihnen steht als potentieller Nachfolger eine Rollenveränderung bevor, die neue Wertvorstellungen mit sich bringt bzw. eine Veränderung der Ausprägung bestehender Werte.

Welchen Wert messen Sie als baldiger Chef unternehmerischen Denken und Handelns bei?

Oder denken Sie an Ihre Risikobereitschaft. Wie sehen Sie diesen Wert, wenn Sie daran denken, dass Sie für die Zukunft eines Unternehmens und aller Angestellten verantwortlich sind.

2. Schritt: Werte definieren und Profil zeigen

Nachdem man die eigenen Werte erkannt und benannt hat, gilt es, Sie genauer zu beschreiben, denn verschiedene Personen können einem gleichen Wert unterschiedliche Bedeutungen beimessen. Eine Rangfolge der Werte gibt Aufschluss darüber, welche Wert-Verletzungen das größte Konfliktpotential bieten.

Warum ist es hilfreich die eigenen Werte zu kennen?

Die Auseinandersetzung mit den eigenen Werten bietet eine gute Selbstkontrolle das eigene Handeln besser zu verstehen. Das persönliche Selbstverständnis hilft dabei, Position zu beziehen und nach außen hin greifbarer zu werden. Als potentieller Nachfolger ist es besonders wichtig, ein klares Profil in der neuen Rolle als Unternehmer und Führungspersönlichkeit zu zeigen.

Nur so können die Mitarbeiter und Kunden

  • sich auf die Neuerungen vorbereiten,
  • anfängliche Unsicherheiten überwinden und
  • neues Vertrauen schenken,

damit das Unternehmen auch mit neuer Führung auf Erfolgskurs bleibt.

3. Schritt: Werte-Potential der Mitarbeiter nutzen

Mit der Kenntnis der eigenen Werte geht das Verständnis für die Werte anderer einher und deren Anerkennung, ohne Sie vorschnell zu verurteilen. Wir sind alle Individuen und jeder lebt in seiner eigenen Welt mit seinen ganz persönlichen Werten. In dieser Unterschiedlichkeit liegt ein großes Potential. Die Aufgabe des Juniors in seiner zukünftigen Position ist es, dieses Potential neu zu bewerten und zu nutzen.

Die Werte des Unternehmens bewusst reflektieren

Sie nehmen als Junior auf einem vorgewärmten Chefsessel Platz. Machen Sie sich Gedanken darüber, welche Werte sich bewährt haben, in welcher Form sie zu Ihnen passen und wie sie lebendig bleiben.

  • Welche Werte sollen zukünftig gelebt werden?
  • Welche Veränderungen sind dazu notwendig?
  • Wie können Sie diese Veränderungen konform zum Wertesystem einführen?

4. Schritt: Werte-Welt des Seniors wertschätzen

Machen Sie sich bewusst, dass Ihre Rollenveränderung eine noch größere Rollenveränderung für den Senior bedeutet. Er hinterlässt sein Lebenswerk und muss sich von einer Rolle lösen, die ihn ein Leben lang begleitet hat. Unterstützen Sie Ihn dabei sich auf seine neue Rolle als Ruheständler vorzubereiten und seine neuen Werte zu finden.

5. Schritt: Werte-Welt regelmäßig überprüfen

Sie haben Schritt für Schritt die Werte-Welt erkundet und stehen kurz davor die Schlüssel des Unternehmens zu übernehmen und ein neues Zeitalter einzuleiten. Denken Sie daran, dass sich Werte im Laufe der Zeit verändern bzw. einen anderen Stellenwert einnehmen. Behalten Sie die Werte im Blick und überprüfen Sie von Zeit zu Zeit, ob eine Veränderung ansteht, damit Sie sich weiterhin in Ihrer Werte-Welt Zuhause fühlen.

Senior & Junior sollen voneinander profitieren

Den dauernden Veränderungswillen des Juniors hat der Senior als Kritik an seiner Arbeit empfunden, das hat seinen Selbstwert verletzt. Erst nachdem der Junior gelernt hat die Arbeit des Senior anzuerkennen und Veränderungen in kleine Portionen aufzuteilen, konnte der Senior den notwendigen Vertrauensvorschuss geben und beide können von der jeweiligen Werte-Welt des anderen profitieren.

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Monika Tröppner

ist Trainerin und Business-Coach. Lange war Sie Führungskraft im Personalbereich. Sie begleitet Unternehmer, die ihre Potentiale gezielt einsetzen möchten. Dabei legt sie großes Augenmerk auf die Gesundheitsprävention und die Work-Life-Balance insbesondere im Umgang mit Stress und Konflikten. Ihre Zertifizierung als 9levels Trainerin kommt ihr dabei zugute. Monika Tröppner ist stellv. Leiterin der BDVT Fachgruppe Unternehmensnachfolge. Nähere Infos erhalten Sie unter www.life-potential.de.

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2 Comments

  • Rainer Krumm sagt:

    Sehr guter Artikel – die Werte werden leider häufig unterschätzt. Die Autorin bringt die Themen auf den Punkt. Wertschöpfung hängt eng mit den Werten zusammen. Ein wechselseitiges Verständnis zu den Werten der Personen ist elementar wichtig, um den Wandel sinnvoll und erfolgreich für alle Beteiligten zu vollziehen.

  • Bruno Schmalen sagt:

    Oh ja, die Werte!
    Danke, Frau Tröppner, für diesen Beitrag aus der Praxis für die Praxis. Mir gefällt der wertschätzende Umgang mit den Beteiligten, die sehr oft auch Betroffene sind. Ich erlebe oft, dass sich schon vor der Übergabe sehr viel Veränderungspotential bei den Juniors aufbaut und auf Realisierung drängt. Dieser gestaute Veränderungswille bricht dann gerne durch. Deshalb schließe ich Ihrem Artikel ein Plädoyer für die externe qualifizierte Moderation des Veränderungsprozesses an. Viel Erfolg!

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