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Ob man sich um einen neuen Job bewirbt oder Neukunden werben möchte: Referenzen und Empfehlungsschreiben sind heute – sei es in Bewerbungen oder im Vertrieb – ein beliebtes Mittel, um sich richtig in Szene zu setzen, besonders auch gegenüber Mitbewerbern. Sie:

  • sind subjektiv formuliert
  • bieten konkrete Erfolgsbeispiele statt Standardphrasen
  • sollen helfen, ein individuelles und interessantes Bild zu vermitteln

Nicht nur Erfolge zählen: Schwierige Phasen gehören zum Leben

Doch wo viel Licht ist, ist auch viel Schatten, das weiß selbst der Laie. Wichtig ist daher, egal in welchem Kontext, dass man unterstützende Mittel wie Best Practices richtig, das heißt wohldosiert und – überlegt einsetzt.

Besser als eine blendende Show aus mehr oder weniger wahllos aneinandergereihten „Erfolgsstories“ wirkt auf die meisten Menschen eine gut vorbereitete, realistische Selbstpräsentation und Einschätzung der eigenen Stärken. Gerade wenn es gleichzeitig auch berechtigte Gründe für kritische Fragen und Zweifel gibt, kann eine zu starke Fokussierung auf die Glanzlichter nämlich leicht als unglaubwürdig empfunden werden.

Allzu umwerfende Referenzen und geschönte Unterlagen fordern geradezu dazu heraus, den Pferdefuß zu finden.

Kritische Fragen souverän beantworten

Zum Beispiel bei einer Bewerbung: Was ist unangenehmer, als dass das Vorstellungsgespräch zum Kreuzverhör mutiert, nur weil man im Lebenslauf den „Mut zur Lücke“ bewiesen hat – aus Angst vor negativen Interpretationen? Genau in diese Lücke wird mit Sicherheit hineingefragt. Mangels Vorbereitung und in dem Gefühl bei etwas Unrechtmäßigem entdeckt worden zu sein, reagieren dann viele wenig souverän und defensiv – und vermasseln sich ihre Chancen.

Eigentlich sind persönliche Pleiten oder schwierige Phasen aber gar nichts Unrechtmäßiges und zu Verheimlichendes, denn sie gehören zum Leben, auch zum Berufsleben. Eine gelassene Haltung ist hier angebracht. Schließlich zeigt sich daran auch, dass man in der Lage ist, sich am eigenen Schopf aus dem Schlamassel zu ziehen und neu anzufangen. Warum sollte man dann nicht auch zukünftigen Gewittern trotzen können?

Individuell statt generell: Wem präsentiert man sich am besten wie?

Das beste Beispiel und die am schönsten formulierte Beurteilung helfen wenig, wenn sie nicht zum Interesse und Kenntnisstand des Adressaten bzw. der Zielgruppe passen. Davon können im beruflichen Kontext zum Beispiel Quereinsteiger ein Lied singen: Passt der Lebenslauf nicht direkt ins fachliche Anforderungsprofil, fällt man trotz Bestnoten schnell durchs Raster, ohne dass es eine zweite Chance gibt, besonders bei Online-Bewerbungsverfahren.

Hier ist die Suche nach den richtigen Ansprechpartnern und eine gezielt auf diese abgestimmte Argumentation erforderlich. Genauso ist bei Vertriebsmitarbeitern Kreativität gefragt, wenn es um die Akquise von Kunden und Projekten abseits von Ausschreibungen oder außerhalb der bisher bedienten Stammbranche geht.

Ungereimtheiten im Lebenslauf vorteilhaft präsentieren

Die Kernfrage in beiden Fällen lautet:

  • Welche Erfahrungen und Kompetenzen können wir ins Spiel bringen, die einen vermeintlichen Mangel an anderer Stelle aufwiegen?
  • Und welche können wir getrost weglassen, um, ohne deshalb zu manipulieren, den Eindruck der Fachfremdheit nicht zu stark werden zu lassen?

Es gilt, die Balance zu halten zwischen Anpassung an die Perspektive des Ansprechpartners und dem bewussten und maßvollen Zeigen eines bewusst nicht immer stromlinienförmigen Profils.

Genau hinsehen lohnt sich für Entscheider – auch finanziell

Es ist paradox:

  • Charakterstärke
  • Durchsetzungskraft
  • Resilienz

Diese Eigenschaften wachsen und beweisen sich gerade in schwierigen Zeiten und sie sind hervorragende „Mitbringsel“ zukünftiger Führungskräfte. Gleichzeitig soll aber deren Lebenslauf nach gängiger Auffassung möglichst wenige oder keine Spuren davon aufweisen. Dabei eröffnen sich gerade an einer Biographie mit Ecken und Kanten viele Ansatzpunkte für ein interessantes Gespräch:

  • Kämpft jemand gern als Einzelkämpfer oder sucht und findet er Unterstützung im Team bzw. in Kooperationen?
  • Wie gern probiert er Neues aus?
  • Hat er einen hohen Anspruch an sich selbst und wie ist sein Selbstbild?
  • (Wie) hat er es bisher geschafft, das Ruder in schwierigen Situationen wieder herumzureißen?

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Fehltritte analysieren & positive Entwicklung feststellen

Personalverantwortliche und sonstige Entscheider sind also gefordert, einseitige Urteilsprozesse zu vermeiden. Man muss das Erfolgsversprechen eines potenziellen neuen Mitarbeiters oder Projekts nicht gleich in Frage stellen, nur weil in der Vergangenheit nicht alles rund oder einfach nur etwas anders lief. Statt nur nach dem Ergebnis zu urteilen, sind Fragen aufschlussreicher, die auch den „Weg als Ziel“ betrachten:

  • Wie kam es zu der Entwicklung, was waren die ursprünglichen Ziele und welche Rolle spielte die Person dabei?
  • Welche Lösungsansätze suchte und erprobte sie?
  • Aus wessen Sicht und für wen stellt sich etwas überhaupt als „Misserfolg“ dar?
  • Kam es dazu wirklich aus grobem Fehlverhalten oder spielten evtl. noch andere, nicht in der Macht des Einzelnen oder des Unternehmens liegende Gründe mit?

Selbstkritiker oder Visionär? Die Ansichtssache ist entscheidend

Tatsache ist auch: Ob etwas als Scheitern empfunden und gesehen wird, ist durchaus Ansichts- und Typ-Sache. Die überaus Selbstkritischen und Gewissenhaften zum Beispiel erkennen ein solches bei sich bereits dort, wo andere sich noch applaudieren würden. Und wer immer brav bei seinen Leisten bleibt und bei Entscheidungen vorwiegend auf Sicherheit setzt, läuft zwangsläufig weniger Gefahr zu stolpern, als der Pionier und Visionär, der es, völlig unabhängig vom Urteil und den Bedenken anderer, immer wieder wagt, ins Unbekannte aufzubrechen (umso hämischer ist danach meist die Reaktion der Beständigen, wenn etwas schiefläuft!).

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Fazit: Der „2. Blick“ ist wichtig & spart Ressourcen

Wem zum Beispiel in der „Checkliste“ eines Anforderungsprofils bestimmte Kenntnisse fehlen, aber durch ein überzeugendes Statement verlässlich bescheinigt wird, dass er sich schon einmal schnell und on the job in vergleichbaren Bereichen bewährt hat, dem traut man eher etwas zu.

Trotz einer möglicherweise notwendigen speziellen Einarbeitungsphase oder Weiterbildung wird der return of investment mit diesem Kandidaten in absehbarer Zeit eintreten, wogegen die weitere, langwierige Suche nach dem haargenau passenden Alleskönner womöglich unnötige Ressourcen verschlingt.

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Walter Kapp

Walter Kapp ist Geschäftsführer der upDATE Gesellschaft für Beratung und Training GmbH und agiert in kleinen und großen Unternehmen als geschätzter Ratgeber für das Thema Vertrieb. In seine Seminare fließen fast 30 Jahre praktische Erfahrung und das Erfolgsrezept seines eigenen Unternehmens ein: „Vertrieb leben!“.

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