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Loben als Wertschätzungsfaktor

Forscher der Universität Leiden in Holland haben eine Studie vorgelegt, nach der Kinder unter 12 Jahren mit Kritik nicht viel anfangen können. Die wissenschaftliche Erkenntnis ist, dass jüngere Kinder in ihrer Hirnentwicklung noch nicht so weit sind, eine Kritik an ihrem Handeln überhaupt als solche zu erkennen. Erst ab 12 Jahren ist das Gehirn fähig, einen Zusammenhang zwischen der Aktion und der geäußerten Kritik herzustellen. Hingegen kann Lob auch schon im zarten Alter verstanden und verarbeitet werden. (Quelle: Universität Leiden)

„Eine gute Führungskraft ist jemand, der anderen zu Erfolg verhilft. Jemand, der Menschen dazu anleitet, ihre eigene Lebensbiographie zu gestalten. Man kann es auch salopper ausdrücken: Eine Führungskraft hilft beim Aufsteigen und in den Sattel kommen. Und wer wirklich gut führen kann, befähigt andere dazu, sich selbst zu führen.“
(Götz Werner)

Sind wir nicht alle Kinder? Wollen wir nicht alle gelobt werden? Ja ! Und zwar täglich, mindestens. Lob entgegenzunehmen ist einfach. Man muss nur höflich Danke sagen. Erledigt. Lob auszusprechen ist viel schwieriger. Sehr viel schwieriger. Schon mal versucht? Dann los. Auch ein DANKE ist ein Lob. Es heißt nämlich: Ich erkenne Deine Leistung an und schätze sie. Also loben, danken und wertschätzen Sie, so oft es eben geht. Man wird es Ihnen danken.

Wertschätzung auf Gegenseitigkeit

Der Kunde ist König. Alle anderen haben ihm zu dienen. Sich zu beugen. Vor allem, wenn es um Liefertermine, Leistungen und den Preis geht. Und freundlich soll man zu seinem Kunden sein, pro-aktiv, zuhörend, hohe Nachlässe geben und am Jahresende bitte noch ein Paket mit mindestens 6 Flaschen Wein schicken. Haben Sie das schon mal umgekehrt erlebt?

Wie verhält sich das eigentlich mit der Wertschätzung und Fairness von Kundenseite. Nicht gerade toll. So klagt der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft, dass jeder zehnte gemeldete Versicherungsschaden in Deutschland wahrscheinlich unberechtigt ist (Quelle: Welt.de). Und der Branchenverband der Versandhändler beklagt seit Jahren Rücklaufquoten von um die 50 % (Quelle: ORF). Nicht genug, dass man bei Zalando sogar von bis zu 70 % Rückläufern spricht, das schlimme daran ist vielmehr, in welchem Zustand die Waren zurückkommen: gebraucht, schmutzig und teilweise kaputt. Das sind sicher extreme Beispiele. Aber wer hat sich nicht schon darüber geärgert, ein aufwendiges Angebot erstellt zu haben. Überstunden sind angefallen, Mitarbeiter haben sich engagiert und es ist termingerecht vorgelegt worden. Und dann hört man vom Kunden nichts mehr. Erst auf Anfrage erfährt man, dass ein Mitbewerber die Ausschreibung gewonnen hat.

Auch Lieferanten und Chefs haben Anspruch auf Wertschätzung. Wie wäre es mal mit einem Feedback oder einem Danke, wenn man zufrieden ist? Wie wäre es mit einer fairen Bezahlung und einem fairen Preis, der die Güte des Produktes wertschätzt. Verhandlungen sollten bitte mit Fokus auf die Leistungen anstelle über Preise geführt werden. Ohne ständige Drohung, die Konkurrenz habe aber noch mal beim Endpreis nachgelassen.

Der Kunde oder Verbraucher hat heute eine unglaubliche Macht. Das ist auch gut so. Leider wird sie weitestgehend zugunsten eines preislichen Vorteils genutzt, viel zu selten zugunsten von Qualität und Nachhaltigkeit. Das zeigt sich besonders bei Lebensmitteln und Konsumgütern. Es darf nichts kosten, muss aber eine Top-Qualität vorweisen. Das wirkt sich längst auch auf Investitionsgüter aus. Was letztlich zu weiteren Auslagerungen und Verlagerungen von Prozessen und Betrieben führt. Jeder weint über diese Entwicklung – und jeder profitiert davon. Konsequenz aber: Der Versicherungsbetrug, die kaputten Rückläufer, Rabattaktionen und Nachlässe werden selbstverständlich in den Preis eingerechnet. Wir bezahlen also unser Fehlverhalten längst mit. Weiterhin: Kann ich meinen Verlust nicht in den Preis einrechnen, muss gerade zwangsweise meine Produkt- oder Servicequalität leiden. Das bedeutet minderwertiges Material, weniger Personal in der Beratung und im Service oder eingeschränkte Funktionalität. Wer also nur über den Preis kauft, muss wissen, dass er dafür auch „Schrott“ erhält.

Gleiches gilt im Verhältnis Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Wer Leistung nicht angemessen bezahlt, muss sich nicht wundern, wenn die Leistung nicht mehr adäquat erbracht wird. Anerkennung muss sich dabei nicht zwingend in höheren Gehältern ausdrücken, es gibt genügend Mittel, Leistung anzuerkennen und wertzuschätzen.

Dennoch ist es die falsche Antwort, wenn sich Arbeitnehmer an ihren Firmen rächen, in dem z.B. die Waren des Unternehmens in Massen geklaut werden. Logistikfirmen sind besonders betroffen: Hier verschwinden jährlich Millionenwerte (ein Beispiel). Verbrauchsmittel wie Scheren, Tesafilm und sogar Toilettenpapier werden in kaum vorstellbaren Mengen mal eben in den privaten Haushalt transferiert. Unrechtsbewusstsein: Fehlanzeige.

Konsequenz: Mistrauen und Überwachung durch heimliche oder offene Kamerainstallationen. Wenn sich dann Betriebsräte beschweren und an die Öffentlichkeit wenden, kontern die Chef mit dem Henne-Ei-Problem, man sehe sich halt dazu gezwungen.

Wertschätzung ohne Gegenseitigkeit funktioniert nicht. Wenn nicht alle fair spielen, kann keiner alleine fair bleiben, der einzige Faire ist der Depp, der Looser. Oder nicht? Kann ein Einzelner was erreichen? Vielleicht nicht viel, aber viele Einzelne sind Viele. Und die können Vorbild bzw. Vorbilder sein.

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Marcel Klotz

Marcel Klotz, Jahrgang 1959, ist Diplom-Betriebswirt und seit 25 Jahren im Vertrieb von IBM tätig, davon 10 Jahre als Salesdirektor. Neben seiner Arbeit beschäftigt er sich mit Persönlichkeitsentwicklung, Führungsthemen und Structogram®. Er ist zertifizierter Salestrainer und Coach.

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2 Comments

  • Gretl Hendricks sagt:

    Interessant, dass die meisten der Befragten das wichtigstes Kriterium für eine Führungskraft der Ruf bei den Mitarbeiten ist. Mein Onkel leitet ein Autohaus und ist sehr beliebt bei seinen Mitarbeitern. Wenn ich Führungskraft werde nehme ich ihn mir zum Vorbild.

  • Annette sagt:

    Dies ist alles so wahr und wichtig im täglichen Umgang. Jedoch wünwche ich mir, auch von Kunden so behandelt zu werden. „Der Ton macht die Musik“ – wenn ich kUnde bin, muss ich dann meine Launen an meinem Dienstleister auslassen? Wenn ich unzufrieden bin, muss ich es in einem vorwurfsvollen Ton schreiben, oder kann man das nicht auch anders lösen?

    Besonders Dienstleister, mit denen man zufrieden ist, sollte man auch so behandeln … Leider sind viele Menschen inzwischen ziemlich unverschämt und frech. Da macht das Arbeiten miteinander wenig Spaß!

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