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Soweit möglich mit offenen Karten spielen

So auf ein offensichtlich vorhandenes Problem zu reagieren, ist zielführender als abzutauchen – vor allem, weil die Mitarbeiter ohnehin die Anspannung ihrer Führungskräfte spüren. Noch weniger zielführend ist es, wenn die Führungskräfte, wenn Mitarbeiter sie darauf ansprechen, das Vorhandensein eines Problems negieren. „Wie kommen Sie auf die Idee, dass wir …?“ Denn aufgrund des (Antwort-)Verhaltens der Führungskräfte spüren die Mitarbeiter meist sehr genau: Was mir mein Chef sagt, ist nicht die Wahrheit. Die Folge: Die Mitarbeiter verlieren das Vertrauen in ihre Vorgesetzten, was das gemeinsame Lösen der Krise erschwert, wenn die erforderlichen Entscheidungen getroffen sind.

Anders ist dies, wenn die Führungskräfte – soweit möglich – mit offenen Karten spielen und für Verständnis für das aktuelle Verhalten werben. Denn dann haben die Mitarbeiter das Gefühl: Unsere Führung denkt auch in der Krise an uns und wird deshalb auch unsere Bedürfnisse beim Suchen eines Wegs aus der Krise berücksichtigen.

Extrem wichtig ist jedoch, dass die Führungskräfte, bevor sie das Gespräch mit ihren Mitarbeitern suchen, hierfür eine Art Drehbuch entwickeln. Das heißt, sie sollten sich im Kollegenkreis unter anderem darüber verständigen:

  • Wie gehen wir vor?
  • Welche Informationen geben wir den Mitarbeitern?
  • Wie begründen wir unser aktuelles Verhalten?
  • Welche Erwartungen formulieren wir an die Mitarbeiter in der aktuellen Situation? Und:
  • Welche (einlösbaren) Versprechen geben wir ihnen?

Denn nichts ist in Situationen, in denen die Mitarbeiter ohnehin verunsichert sind, fataler, als wenn die Führungskräfte mit verschiedenen Stimmen sprechen. Hierdurch werden die Spekulationen angeheizt – so sehr, dass das Problem in den Augen der Mitarbeiter oft größer und bedrohlicher wird als es tatsächlich ist.

Führungshandeln immer wieder neu austarieren

Welches Führungsverhalten in einer Krisensituation zielführend ist, auf diese Frage gibt es keine Standardantwort. Dafür sind die Ausgangssituationen in den Betrieben sowie die Problemstellungen zu verschieden. Hinzu kommt: Welches Führungsverhalten gerade angesagt ist, hängt auch davon ab, wie weit die Entscheidungssituation fortgeschritten ist. Das heißt: Die Führungskräfte müssen ihr Verhalten immer wieder neu justieren. Sie müssen sich in ihren Meetings immer wieder fragen: Wie verhalten wir uns in den nächsten Tagen oder Wochen im Kontakt mit den Mitarbeitern? Welche Infos geben wir Ihnen?

Das geschieht in den Meetings zumeist nicht. Primär aus folgendem Grund: Das gemeinsame Suchen nach der bestmöglichen Lösung erfordert von den Teilnehmern meist so viel Energie, dass sie in der Regel erschöpft sind, wenn diese endlich gefunden ist. Alle atmen erleichtert durch, und jeder möchte so schnell wie möglich an seinen Schreibtisch zurückkehren. Die Folge: Über das Thema „Wie gehen wir mit den Mitarbeiter um?“ wird in den Meetings entweder nicht gesprochen oder erst, wenn alle Teilnehmer bereits in Aufbruchstimmung sind. Entsprechend unkoordiniert ist anschließend das Vorgehen.

Führungsmannschaft muss zusammenhalten

Deshalb empfiehlt es sich, zu den Treffen einen externen Berater hinzu zu ziehen – nicht nur, damit die Mitarbeiter nicht vergessen werden. Hinzu kommt ein weiterer Punkt: Aufgrund ihrer unterschiedlichen Position im Unternehmen haben die Führungskräfte meist eine unterschiedliche Sicht auf das Problem. Auch ihre Auffassungen darüber, welcher Lösungsweg der beste wäre, divergieren.

Entsprechend oft geraten sich die Führungskräfte eines Unternehmens bei solchen Meetings in die Haare – auch weil sie unter einem enormen Druck stehen. Die Folge: Oft überschütten sich die Teilnehmer wechselseitig (direkt oder indirekt) mit Vorwürfen. „Wenn Sie rechtzeitig …“ „Ich habe schon vor drei Jahren gesagt, …“ Das erschwert nicht nur das Finden einer tragfähigen Lösung. Oft resultieren aus den Vorwürfen und wechselseitigen Schuldzuweisungen auch persönliche Verletzungen, die dauerhaft ein Zusammenarbeiten erschweren. Auch deshalb sollte zu solchen Meetings ein neutraler Moderator hinzugezogen werden. Ansonsten ist die Gefahr groß, dass in der Führungsmannschaft ein weiterer Brandherd entsteht, was die Krise weiter verschärft.

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Rainer Flake

Rainer Flake ist einer der drei Geschäftsführer der WSFB Beratergruppe Wiesbaden (Tel.: 0611/15766-0; E-Mail: rflake@wsfb.de), die Unternehmen bei Veränderungs- prozessen begleitet und deren Mitarbeiter trainiert. Zudem bildet WSFB Organisationsberater aus. Rainer Flake ist Bankkaufmann und Diplom-Betriebswirt. Vor seiner Beratertätigkeit war er unter anderem Leiter Personalentwicklung bei einer Bank.

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