In den meisten Produktionsunternehmen hat die Gruppenarbeit die tayloristische Arbeitsorganisation weitgehend abgelöst. Denn viele Betriebe haben erkannt: Wenn unsere Werker als Team agieren und wir ihnen mehr Kompetenzen übertragen, dann kann unsere Organisation die Herausforderungen besser meistern, vor denen sie heute in der Produktion steht.
In den meisten Industriezweigen hat sich die Gruppenarbeit als erfolgreiches Instrument zum Steigern der Produktivität etabliert. Denn sie hat einige Vorteile gegenüber einer tayloristisch-hierarchisch strukturierten Arbeitsorganisation. So steigert die Gruppenarbeit zum Beispiel die Motivation der Mitarbeiter. Außerdem werden ihre kreativen Potenziale besser genutzt. Zudem steigt die Arbeitseffektivität. Deshalb empfehlen fast alle modernen Managementansätze Gruppen- und Teamarbeit auch in der Produktion.
Traditionell verfasste Aufbau- und Ablauforganisationen streben danach, die industrielle Arbeit immer weiter zu zergliedern. Modern geführte Unternehmen hingegen verfolgen den gegenteiligen Ansatz. Sie setzen auf
- ein Ausweiten der Handlungs- und Entscheidungsspielräume der Mitarbeiter und
- deren Übernahme zusätzlicher Aufgaben und Verantwortung.
Ein Neuverteilen von Kompetenzen und Aufgaben
Insofern macht das Einführen qualifizierter Gruppenarbeit eine überzogene Arbeitsteilung rückgängig. An die Stelle repitiver und monotoner Tätigkeiten treten job-enrichment und job-rotation. Das heißt, Aufgaben wie Arbeitsplanung, Qualitätskontrolle und Instandhaltung werden an die Mitarbeiter zurückübertragen. Zudem erstellen die Gruppen eigenständig ihre Arbeits- und Qualifizierungspläne. Bei der Gruppenarbeit werden somit ausführende und planerische Operationen wieder zusammengeführt. Zudem werden die Gruppenmitglieder mit den hierfür erforderlichen Handlungs- und Entscheidungskompetenzen ausgestattet.
Gruppenarbeit ist im Betriebsalltag unterschiedlich organisiert – zum Beispiel in Form teilautonomer Arbeitsgruppen, Fertigungsinseln oder Service-Teams. Trotzdem ähneln sich die Effekte. So werden durch das Übertragen aller fertigungs- und dienstleistungsnahen Planungs-, Steuerungs- und Kontrollfunktionen in die Verantwortung selbständiger Arbeitsgruppen zum Beispiele viele Nachteile der Fremdsteuerung von Arbeitsprozessen vermieden – unter anderem zahlreiche klassische Konflikte zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern. Entsprechendes gilt für die Arbeitsmotivation, weil das eigenverantwortliche Handeln eine höhere Arbeitszufriedenheit bewirkt. Das Rückverlagern von Kontroll- und Dispositionsfunktionen ermöglicht zudem eine Kostenreduktion, da ein aufwendiges Steuerungs- und Kontrollsystem entfällt. Zudem können sich die Führungskräfte wieder stärker auf ihre Kernaufgaben konzentrieren.
Einführung gut planen und vorbereiten
Unternehmen sollten vor dem Einführen von Gruppen- oder Teamarbeit eine Betriebsvereinbarung abschließen. Außerdem sollten sie die betroffenen Mitarbeiter umfassend über das Vorhaben informieren. Denn trotz aller Vorteile von Gruppenarbeit ist diese Form der Arbeitsorganisation für die Mitarbeiter bei deren Neueinführung meist ungewohnt. Deshalb ist ihre Akzeptanz nicht selbstverständlich.
Auch deshalb sollten Unternehmen, die Gruppenarbeit in der Produktion einführen möchten, bereits im Vorfeld überlegen: Wie können zum Beispiel bisher zentrale Servicebereiche wie die Instandhaltung oder die Materialwirtschaft in das neue Organisationskonzept eingebunden werden? Solche Fragen vorab zu klären, ist wichtig. Denn aus ihnen ergibt sich, wie die Arbeitsgruppen in die neue Unternehmensarchitektur eingegliedert werden. Außerdem definieren sie den Rahmen für das künftige Aufgabenspektrum der Gruppen.
Diese Entscheidungsprozesse verlaufen selten reibungslos. Denn bei allen Changeprozessen gibt es „Gewinner“ und „Verlierer“. So gewinnen zum Beispiel die Bereiche, in denen Gruppenarbeit eingeführt wird, wegen ihrer erweiterten Kompetenzen an Bedeutung. Zugleich sinkt aber zum Beispiel der Einfluss der Einrichter und Instandhalter – aber auch der Vorarbeiter und Meister. Deshalb ist es wichtig, den scheinbaren Verlierern eine Entwicklungsperspektive aufzeigen, um Ängste vor einem Statusverlust zu mindern.
Rahmenbedingungen klären
Geklärt werden sollten vorab neben den Grundprinzipien der Gruppenarbeit (zum Beispiel Gruppengröße, Aufgaben/Ziele der Gruppen, Kontrolle der Zielerreichung) auch folgende Faktoren:
- Rolle und Funktion der Gruppensprecher (Modus der Wahl/Ernennung, Amtszeit, Vertretung)
- neue Rolle der Führungskräfte (Meister, Werks-/Betriebsleitung) und
- Entlohnungsfragen.
Zielführend ist oft auch eine Beschäftigungszusage für alle Beteiligten – unter anderem um die Angst zu vermeiden, es würden Gruppenmitglieder bei Produktivitätsfortschritten entlassen.
In der betrieblichen Praxis wird die gruppeninterne Führungsfunktion sehr verschieden ausgestaltet. Zwei „Extreme“ lassen sich registrieren.
- Arbeitsgruppen ohne eine institutionalisierte Führungsperson. In diesen Gruppen sind alle Mitglieder gleichberechtigt und treffen alle Entscheidungen gemeinsam.
- Arbeitsgruppen, die sich um eine starke Führungspersönlichkeit herum formieren, die sich vor allem um die organisatorischen Belange der Gruppe kümmert.
Beide „Extreme“ sind im Betriebsalltag eher selten. Häufig setzt die Betriebsleitung bei Arbeitsgruppen, die dauerhaft zusammenarbeiten, den Gruppensprecher ein. Er übernimmt die Funktion eines Vorarbeiters. Oft wird auch aus dem Kreis der Gruppe von deren Mitgliedern ein Gruppensprecher gewählt,
- der die Gruppe nach außen vertritt,
- die Abstimmung mit dem Vorgesetzten regelt und
- zum Beispiel die Gruppengespräche moderiert.
Ansonsten ist er jedoch ein normales Gruppenmitglied – ohne besondere Vorrechte und Kompetenzen.
Weitere Artikel dieser Serie:
Gruppen- oder Teamarbeit in der Produktion einführen (Teil II)
(Bild: © ioannis kounadeas – Fotolia.com)
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