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Der Coachingmarkt wird stark überschätzt. Davon ist Bernhard Kuntz, Marketingberater für Trainer, Berater sowie Coaches, überzeugt. Entsprechend wenigen Selbstständigen gelingt es, rein als Coaches ihren Lebensunterhalt zu finanzieren. Zwölf provokante Thesen des Autors der Bildungs- und Beratungsmarketing-Fachbücher „Die Katze im Sack verkaufen“ sowie „Warum kennt den jeder?“ zum Coachingmarkt.

1. Coaching ist keine Profession.

Eine Coachingausbildung ist in der Regel nur eine Zusatzausbildung, die das berufliche Profil zum Beispiel eines Trainers oder Beraters abrundet.

2. Der Begriff Coaching hat sich zu einer Leerformel entwickelt.

Unter diesem „Label“ werden aus Marketinggründen von den unterschiedlichsten Anbietern die unterschiedlichsten Leistungen angeboten.

3. Der Coachingmarkt ist kleiner als die Medien und die Anbieter von Coachingausbildungen suggerieren.

Er ist zumindest nicht groß genug, um alle Selbstständigen zu ernähren, deren Visitenkarte die Berufsbezeichnung „Coach“ ziert.

4. Die meisten sogenannten Coachings, die von Unternehmen bezahlt werden, sind faktisch (individuelle) Trainings-on-the-job.

Sie dienen primär dazu, die Coachees dazu zu qualifizieren, aus Firmensicht ihre Jobs (noch) besser wahrzunehmen.

5. Viele Newcomer im Markt machen sich recht blauäugig als Coach selbstständig – zum Beispiel weil ihnen eine berufliche Alternative fehlt.

Bei einer nüchternen Analyse ihrer Marktchancen müsste man ihnen vielfach von einer Existenzgründung als Coach abraten – sei es aufgrund mangelnder fachlicher Kompetenz oder aufgrund des fehlenden „Bisses“ sich als Unternehmer in dem hart umkämpften Coachingmarkt zu behaupten.

6. Ein guter Coach braucht auch Fach-Know-how und/oder Feld-/Branchenerfahrung.

Die aktuelle Diskussion in der Coachingszene unter anderem über das Thema Komplementär-Beratung ist das stillschweigende Eingeständnis, dass dieses Know-how und diese Erfahrung manchem Coach fehlt.

7. Jede qualifizierte persönliche Beratung beinhaltet auch Coachingelemente.

Deshalb ist und bleibt es für Kunden vielfach schleierhaft, was einen Coach von einem guten Berater unterscheidet.

8. Je höher eine Person in der Hierarchie eines Unternehmens angesiedelt ist, um so weniger achtet sie bei der Auswahl eines „Coachs“ darauf, ob dieser eine Coachingausbildung absolviert hat.

Die entscheidenden Auswahlkriterien sind die berufliche Biografie des Beraters und dessen Persönlichkeit.

9. Das Coachinggeschäft ist primär ein regionales, bei Privatzahlern oft sogar ein lokales Geschäft.

Denn nur sehr wenige Coachees sind bereit, beispielweise für ein zweistündiges Coaching weite Wegstrecken zu fahren (oder dem Coach die Reise sowie Reisezeit zu bezahlen). Deshalb sollte sich das Marketing eines Coaches auf die Region fokussieren.

10. Das Coachinggeschäft mit Privatzahlern ist ein sehr steiniges Geschäft.

Nur wenige Privatpersonen können oder sind bereit, die Honorare zu bezahlen, die Coaches fordern müssen, wenn sie mit Coaching allein ihren Lebensunterhalt verdienen und eventuell sogar eine Familie ernähren möchten.

11. Coaching ist ein „People-Business“, das weitgehend vom Ruf eines Coaches und dessen persönlichen Kontakten lebt.

Entsprechend wichtig ist es für die Vermarktung eines Coaches, dass er ein aktives Networking betreibt und in den Szenen, die seine Zielgruppen sind, Präsenz zeigt.

12. Die meisten „Nur-Coaches“ werden kein langes Leben haben.

Mindestens die Hälfte der Personen, die aktuell unter der Berufsbezeichnung Coach ihre Leistungen anbieten, werden in vier, fünf Jahren entweder wieder vom Markt verschwunden sein oder unter einer anderen Berufsbezeichnung ihre Dienste anbieten.

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(Bild: © NLshop – Fotolia.com)

Bernhard Kuntz

Bernhard Kuntz (geb. 1958) ist Inhaber des PR-und Redaktionsbüros Die ProfilBerater. Er ist auf die Themen Marketing und Verkauf sowie Personal- und Unternehmensführung spezialisiert. Er ist Autor der Bildungs- und Beratungsmarketing-Fachbücher „Die Katze im Sack verkaufen“ (2005) und „Fette Beute für Trainer und Berater“ (2006). Außerdem veröffentlichte er die PR-Ratgeber für Dienstleister und Berater „Warum kennt den jeder?" (2008) und "Mit PR auf Kundenfang" (2010).

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4 Comments

  • Birgit Ullmann-Röttinger sagt:

    Sehr geehrter Herr Kuntz,

    auch ich habe schon sehr schlechte Erfahrungen mit Coaches gemacht und ich bin auch einigermassen „erschlagen“ von dem, was sich heutzutage alles Coach nennt.

    Allerdings muß ich auch sagen, dass ich schon ausgesprochen gute Erfahrungen mit Coaches gemacht habe und ein Coaching für ein entwicklungsförderndes Leben unumgänglich finde.

    Wohl dem, der einen wirklich guten Coach gefunden hat!

    Ich denke, das verhält sich hier wie bei fast Allem, was auf dem Markt so zu finden ist. Der Eine fährt ein Luxusauto, dem Anderen reicht ein alter Kleinwagen. Der Eine geht ins Feinschmecker-Restaurant, dem Anderen reicht ein Burger einer amerikanischen Kette. usw. usw.

    Es gibt Menschen, die konsumieren alles ohne nachzudenken, lassen sich von Massenmedien, allen voran TV vorsetzen, was sie zu konsumieren haben und finden es prima. Andere wiederum haben nicht einmal ein Fernsehgerät.

    Dass es auf dem Coaching-Markt derzeit eine riesiege Auswahl an allem Möglichen gibt wissen wir. Umso wichtiger und nützlicher hätte ich eine Checkliste gefunden mit der man Ramsch von Qualität unterscheiden kann.

    Das ist doch das einzig wirklich interessante am derzeitigen Coaching-Markt, finden Sie nicht?

    Mit sonnigen Grüßen
    Birgit Ullmann-Röttinger

  • Tanja Falge sagt:

    Vielen Punkten stimme ich zu, Herr Kuntz. Jedoch fehlt mir die klare Trennung von Coaching und Consulting und Ihrer ersten Aussage muss ich klar widersprechen! Zumindest dem von mir als abschätzige empfundenen „nur“ darin :-)

    Auch die Erwähnung Ihres Buches „Die Katze im Sack verkaufen“ verschleiert die verbreitete Fehleinschätzung weiterhin.
    Denn im guten Coaching ist eben NICHT die Aufgabe eines Trainers/Beraters, jemanden dazu zu bringen, faule Erdbeeren als Safire zu verkaufen.

    Und gerade die Profession sollte oberstes Ziel guter Coaches und ihrer Verbände sein, um eben jenen ungeschützten Begriff von jenen abzugrenzen, die Ihr Profil mit einem Modewort pushen wollen, ohne auch nur den Hauch einer Ahnung zu haben, welche Inhalte und Ziele Coaching eigentlich bieten kann.

    Dass dieser Markt sehr hart ist, muss ich leider bestätigen. Schon in meiner Ausbildung wurde mir auf einem Seminar gesagt „Was, als Vollzeitjob? Vergessen Sie das. Fast jeder (auch gute) Coach macht mindestens zwei Jobs!“

    Allerdings stelle ich folgende Thesen auf:
    1. Um am Ball zu bleiben, kann der Coach aus meiner Sicht sogar einer weiteren Tätigkeit nachgehen und entsprechenden Praxismehrwert schaffen/beibehalten. Wobei es hier wieder zu unterscheiden gilt, ob eine reine Coaching- oder eben auch gemischte Consultingarbeit geboten wird.

    2. Wenn der Begriff geschützter wäre und die vielen „Ui, genau, jetzt nenn‘ ich mich mal Coach“ vom Markt verschwinden würden, wäre die Nachfrage wieder besser einzuschätzen.

    Ein schönes Wochenende und sonnige Grüße aus Bayern
    Tanja Falge

  • Sehr geehrter Herr Kuntz,

    vielen Dank für den sehr komprimierten Artikel. Ihre Thesen muss ich voll und ganz unterstützen! In meiner beruflichen Erfahrung habe ich schon so manchesmal auch an der Qualifikation so manchen Coaches gezweifelt.

    In meinem Fall geht es sogar soweit, dass ich wohl auf absehbare Zeit auf Coaching verzichten werde – schade sicher für die wenigen, wirklich guten unter der Berufsgruppe.

    Herzliche Grüße
    Silvio Tederahn

    • Tanja Handl sagt:

      Ich kann Herrn Kuntz auch nur recht geben, sehe die Lage allerdings pragmatisch: Wer einen guten Coach gefunden hat, sollte nicht auf ihn verzichten. Und wer noch sucht, der sollte sich einfach das Angebot sehr genau anschauen.

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