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Der Lockdown durch Corona trifft etliche Branchen hart. Das Veranstaltungsgewerbe, die Reisebranche, die Gastronomie, die Hotelwirtschaft sowie die Autoindustrie werden in den Medien als stark betroffene Branchen in den Mittelpunkt gerückt. Doch wie sieht es mit der Bauwirtschaft aus? Unser Interview mit Sven Hohmann, dem Geschäftsführer der ibau GmbH, gibt Auskunft.

Herr Hohmann, seit März gibt es massive Auswirkungen des Coronavirus und die Lockerungen dringen nur gemächlich durch. Welches Bild zeichnet Corona in der Baubranche?

Die Bauindustrie setzt sich aus verschiedenen Bereichen zusammen, wodurch eine pauschale Antwort nicht möglich ist. Architekten, das Planungswesen, Auftraggeber, der Handel und die Industrie, wie auch die ausführenden Unternehmen gehören alle zu der Branche. Doch auch Baustellen an sich zeigen sich unterschiedlich betroffen. Je nach Bauphase sind die Auswirkungen größer oder geringer. Grundsätzlich lassen sich die Auswirkungen auf die Baubranche jedoch als geringer bezeichnen als in anderen Wirtschaftszweigen. In der Baubranche werden wirtschaftliche Einschnitte jedoch oft erst im Nachhinein sichtbar.

Inwiefern Können Sie die Stimmung in der Branche beurteilen?

Es gibt Entwicklungstendenzen, die sich besonders bei den Auftraggebern zeigen. Aktuell werden zwar noch über 60 Prozent der Vorhaben planmäßig umgesetzt, doch üben sich laut unserer Analyse erste Auftraggeber in Zurückhaltung. Ausführende Unternehmen sind momentan noch mit bestehenden Aufgaben ausgelastet. In Deutschland konnte auf den Baustellen weitergearbeitet werden, sofern die Hygienevorschriften umgesetzt wurden. Auf diese Bereiche lässt sich also leicht optimistisch blicken. Das heißt nicht, dass jetzt nicht die ersten ernsten Einschnitte sichtbar werden. Einzelne Gewerke fallen aus, es kommt zu Lieferverzögerungen und somit zu Verzögerungen auf den Baustellen. Wir stellen Informationen für alle kostenfrei zur Verfügung, gleichfalls steht unsere Sentiment Analyse für März auf unserer Webseite bereit.

Wie weisen sich die unterschiedlichen Auswirkungen in den Bauphasen aus?

Die Arbeiten bis kurz vor Baubeginn und die ersten Schritte des Baus laufen weiterhin planmäßig. Problematisch sind die Engpässe bei Baumaterialien, die sich mittlerweile abzeichnen. Gerade im Bereich des Ausbaus und der technischen Gewerke kommt es zu Engpässen. Auch im Bauwesen ist die Globalisierung ein wichtiger Faktor, doch gerade jetzt zeigt sich, dass dies wiederum ein Makel sein kann. Rohbauprodukte stammen meist aus Deutschland, die Materialien für die Haustechnik oder die für den Ausbau stammen oft von den ausländischen Märkten. Vor allem im Bereich Elektrobauteile und Keramik kommt die Verzögerung zum Vorschein.

Weitreichende Folgen sind zu erwarten

Wenn wir die zur Fertigstellung in ein oder zwei Jahren geplanten Bauprojekte beobachten, können wir stagnierende Zahlen erkennen. Private Bauherren zeigen sich besonders zögerlich und wollen die wirtschaftliche Entwicklung in ihrer eigenen Branche noch abwarten. Dies ist mit einer der Gründe, weshalb die Folgen für die Baubranche noch nicht absehbar sind.

Wie sind die Auswirkungen in den einzelnen Sektoren?

Der Bedarf an Bauvorhaben generell bleibt bestehen. Gewerbliche Immobilien, kommunale Einrichtungen und natürlich privater Wohnraum sind weiterhin gefragt. Im öffentlichen Bereich besteht allgemein eine gefestigte Auftragslage, anders ist dies im privaten Wohnungsbau. Die Bauvorhaben brachen ein, zudem lässt sich erahnen, dass in den Bereichen der Gastronomie und dem Hotelgewerbe Rückgänge zu erwarten sind.

Konnte die Branche aus der Corona-Krise lernen?

Unternehmen mussten sich unheimlich schnell auf die neuen Gegebenheiten einstellen. Flexibilität, aber auch die Kreativität sind somit wichtige Erfahrungswerte. Das Baugewerbe wird sich auf Änderungen einstellen müssen, doch bedeutet dies eine Chance, beispielsweise, die Digitalisierung weiter voranzutreiben.

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Was bedeutet die Digitalisierung für die Baubranche?

Bei der Baubranche handelt es sich um ein sehr traditionelles Gewerbe. Der persönliche Kontakt zueinander und natürlich zum Kunden steht im Vordergrund. Angesichts der aufgerufenen Preise für die Vorhaben ist dies verständlich. Auftraggeber möchten mit vertrauenswürdigen und kompetenten Partnern zusammenarbeiten und vertrauen bislang dem ersten Eindruck im persönlichen Gespräch von Person zu Person.

Herausforderung und Chancen der Digitalisierung

Corona hatte zur Folge, dass nun auch Abstimmungen und Meetings aufgrund der Kontaktbeschränkungen und des notwendigen Abstands über Videokonferenzen durchgeführt wurden. Einige unserer Ansprechpartner fehlt die Nähe zum Geschäftspartner bei diesen Gesprächen. Sicherlich funktioniert der generelle Austausch hervorragend über die digitalen Medien, die Unpersönlichkeit bleibt jedoch bestehen. Im Bereich der Akquise hat sich die Digitalisierung hingegen als ausgezeichnete Möglichkeit herausgestellt.

Wie sollten Unternehmen handeln, um negative Auswirkungen zu vermeiden?

Es zeigt sich, dass gerade öffentliche Ausschreibungen kürzere Bewerbungs- und Vergabefristen aufweisen. Unternehmen sollten somit sichere Wege finden, um über geplante Ausschreibungen schnell informiert zu werden. Nur auf diese Art bleibt gewährleistet, dass ausreichend Zeit zur Planung und zur Vorstellung eigener Lösungen bleibt, bis die Bewerbungsfrist abläuft. Es wird an Systemen gearbeitet, die alle öffentlich ausgeschriebenen Aufträge und relevante Bauvorhaben in Deutschland auflisten.

Dominik Kunze

Dominik Kunze studierte Betriebswirtschaft und Medienwissenschaften und arbeitet als Berater in verschiedenen Consultingagenturen. Neben etablierten Unternehmen gehören inzwischen auch immer mehr Startups zu seinem Kundenkreis. Er hilft mit seinem Expertenwissen bei der Suche nach der geeigneten Finanzierung oder bei der Erstellung eines Geschäftskonzeptes. Hin und wieder verfasst er Ratgeberbeiträge für unterschiedliche Businessportale.

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