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Das Ruhrgebiet steht vor einer Wende. Früher als Zentrum der Kohle- und Stahlindustrie bekannt, entwickelt sich die Region zunehmend zu einem Ort, an dem neue Technologien entstehen. Die industrielle Basis, die das Ruhrgebiet einst groß gemacht hat, trifft heute auf eine wachsende Gründerszene, akademische Exzellenz und ein breites Netzwerk. Doch der Wandel hin zu einer der führenden Gründungsregionen Europas ist noch nicht vollzogen – dafür müssen bestehende Strukturen weiterentwickelt und neue Anreize geschaffen werden.

Gründungslücke trotz großem Potenzial

Zwar zählt das Ruhrgebiet zu den bevölkerungsreichsten Metropolregionen Europas und verfügt über die dichteste Hochschullandschaft des Kontinents – mit über 240.000 Studierenden und 22 Hochschulen. Dennoch liegt die Zahl der Gründungen pro Kopf hier noch bei rund der Hälfte des bundesweiten Durchschnitts. Die Ursachen dafür sind vielfältig: Neben strukturellen Herausforderungen fehlt es oft an systematischem Zugang zu Kapital, an skalierbaren Pilotmöglichkeiten in der Industrie – und an langfristiger Sichtbarkeit des Ökosystems für Talente.

Gleichzeitig gibt es Ansätze, die zeigen, was möglich ist, wenn die richtigen Partner zusammenarbeiten. Das Ruhrgebiet vereint eine einzigartige industrielle Infrastruktur mit hoher Forschungsdichte. In direkter Nachbarschaft zu Konzernen wie E.ON, Evonik oder Thyssenkrupp entwickeln Start-ups Lösungen für Energie, Gesundheit oder die Digitalisierung der Industrie. Ein Beispiel ist das Unternehmen vGreens, das in Essen eine KI-basierte, datengetriebene Vertical Farming Anlage aufgebaut hat – vollautomatisiert, ressourcen- und energieeffizient werden darin Erdbeeren angebaut. Der Zugang zu Industriepartnern, Anlagenbauern und Investoren aus der Region war dabei ein zentraler Erfolgsfaktor.

Vom Einzelprojekt zum strukturellen Wandel

Ein zentrales Hemmnis bleibt jedoch die Finanzierung in der Frühphase. Besonders technologieintensive Gründungen – sogenannte Deep-Tech-Start-ups – benötigen mehr Zeit und Kapital als klassische Geschäftsmodelle. Gleichzeitig gelten sie für viele private Investoren als zu risikoreich.

Hier setzt ein neues Instrument an: Der kürzlich aufgelegte GF BRYCK Ventures Fonds, mit einem Volumen von zehn Millionen Euro, soll insbesondere frühphasige Ausgründungen aus dem Hochschulbereich sowie forschungsintensive Start-ups adressieren. Finanziert durch die RAG-Stiftung und verantwortet vom Gründerfonds Ruhr, soll der Fonds pro Jahr 10 bis 20 Start-ups aus den Programmen des Gründungszentrums BRYCK mit jeweils bis zu 300.000 Euro unterstützen – speziell in der Pre-Seed-Phase.. Entscheidend ist dabei der systemische Gedanke: Der Fonds ist ein regional spezialisiertes Investment-Vehikel als Teil eines umfassenden Netzwerks mit nationalen und internationalen Investoren mit einem Fondsvolumen von insgesamt über 10 Milliarden Euro, die mit uns in der neu gegründeten BRYCK Startup Alliance jüngst konkrete Kooperationsverträge geschlossen haben. Startups können so langfristig mit der passenden Finanzierung beim Wachstum unterstützt werden – von der Frühpase bis hin zur Later Stage.

Diese Entwicklungen sind auch im Kontext des Leuchtturmwettbewerbs Startup Factories der Bundesregierung zu sehen. Die BRYCK Startup Alliance tritt für das Ruhrgebiet an und zählt zu den 15 Finalisten eines bundesweiten, hochkompetitiven Auswahlprozesses, mit dem neue Gründungs- und Innovationszentren etabliert werden sollen. Ziel ist es, Hochschulen, Wirtschaft und Start-ups enger zu verzahnen und Gründungen aus der Wissenschaft strukturell zu fördern.

Der neue Fonds ist ein zentraler Baustein für die langfristige Etablierung eines solchen Zentrums im Ruhrgebiet – und damit auch als ein Beitrag dazu, die Finanzierungslücke für forschungsnahe Gründungen in Deutschland insgesamt zu schließen.

Das Ruhrgebiet hat in den letzten Jahren deutlich an Profil gewonnen. Der jetzige Schulterschluss von Wissenschaft, Kapital und Industrie in der BRYCK Startup Alliance bietet die historische Chance, dieses Potenzial schlagartig zu heben. Mit seiner industriellen Substanz, akademischen Stärke und der Vielzahl an Talenten bringt das Ruhrgebiet alle Voraussetzungen mit, um zu einem Hotspot für wissenschaftsbasierte Startups zu werden, die mit ihren Technologien den Industriestandort von morgen kreieren. Aber noch viel mehr als das: Die Region kann ein Modell dafür werden, wie sich die Industrienation Deutschland neu erfinden kann.

unternehmer.de

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