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Ein Unternehmer ist jemand, der von einer Klippe springt und sich auf dem Weg nach unten ein Flugzeug zusammenbaut.

– Reid Hoffman, Mitgründer von LinkedIn.

Diese Worte kann ich rückblickend auf meine eigene Gründung nur bestätigen. Der Unternehmenserfolg hängt viel mehr von dem beherzten Sprung ins Risiko ab als von der glückenden Ausführung der eigentlichen Tätigkeiten. Daher gibt es einige Aspekte, die sich potenzielle GründerInnen vor dem Sprung gut überlegen sollten.

Gründe nicht – der erste Ratschlag

Ein Unternehmen zu gründen ist harte und oft undankbare Arbeit. Der Weg ist steinig, voller Ungewissheiten und meist um ein Vielfaches länger als geplant. Für Familie, Privatleben und Hobbys bleibt in den Gründungsjahren keine Zeit. Daher rate ich vielen Menschen davon ab, ein Unternehmen zu gründen. Ein ausbalanciertes Leben darf Wunsch bleiben, aber die Existenzangst hält einen auf dem Boden der Tatsachen.

Wichtig: Das heißt nicht, dass nur Genies Unternehmen gründen könnten. Es geht vielmehr darum, dass man von vornherein bereit ist, alles zu riskieren.

Flexibilität und Skalierbarkeit sind entscheidend

Unser FinTech Unternehmen startete ursprünglich in der Nische der Finanzierung von Gastronomiegeräten. Doch mit dem Ausbruch von Corona war der Markt plötzlich tot und jegliche Planung dahin. Hier mussten wir sofort und flexibel reagieren. Heute „flexen“ wir Geräte in den unterschiedlichsten Branchen – von der Gastronomie über das Gesundheitswesen bis hin zu herkömmlicher IT- und Büroausstattung für Unternehmen.

Unser Markenkern besteht nicht mehr in der Spezialisierung auf Gerätegruppen, sondern in der innovativen Finanzierungsform selbst. Mit „Flexen“ haben wir eine neue Finanzierungsform geschaffen, die die Vorteile aus Leasing, Miete und Kredit miteinander kombiniert und so Unternehmen ermöglicht, jederzeit flexibel auf sich verändernde Rahmenbedingungen zu reagieren. Diese Schnelligkeit und Flexibilität, die uns damals selbst gerettet hat, hilft heute somit auch anderen Unternehmen dabei, dynamisch und resilient zu wachsen.

Bei der Investorensuche gilt: Keine falsche Bescheidenheit!

Investoren investieren nicht in Unternehmen, sondern in Investments. Am Ende zählt also nicht die Raffinesse des Geschäftsmodells, sondern die skalierbare Renditeerwartung. Hier lag mein Fehler in der eitlen Einstellung „underpromise – overdeliver“. Ich hatte bewusst eher gedrosselte Prognosen präsentiert, um dann in der Praxis mit umso stärkeren Wachstumszahlen zu glänzen. Das Ergebnis: Es hagelte Absagen.

Der Grund ist mir mittlerweile klar: GründerInnen präsentierten häufig wahnsinnig optimistische Planzahlen, sodass Investoren gedanklich direkt pauschale Abschläge vornehmen. Sie preisen eine gewisse „Übertreibung“ also schon mit ein. Deshalb gilt: Die eigene Vision ruhig offensiver vertreten, um überhaupt ins Spiel zu kommen.

Networking: Qualität statt Quantität

Ein Lunch oder Dinner mit einzelnen EntscheiderInnen ist für mich stets das wertvollste zeitliche Investment gewesen. All die Besuche von überfüllten Events hatten kaum einen nachhaltigen Wert, selbst wenn ich hier mit relevanten EntscheiderInnen in gute Gespräche verwickelt war. Insbesondere viele kostenpflichtige Startup-Events hätte ich mir sparen können. Wenige persönliche Treffen bilden meist tiefere Beziehungen und somit wertvollere Kontakte als dutzende neue Einträge im Adressbuch.

Resilienz schlägt Ausbildung und Pole-Position

Großzügiges Startkapital, wohlklingende Abschlüsse und ein starkes Netzwerk sind sicherlich hilfreich, aber kein Garant für unternehmerischen Erfolg. Mir selbst waren nur gute Abschlüsse gegeben, aber diese waren keine wirkliche Hilfe. Im Gegenteil. Oft ist es besser, einfach loszulegen, anstelle sich systematisch mit all den Risiken und Eventualitäten auseinanderzusetzen, auf die man in der Theorie hingewiesen wird. Das Durchhaltevermögen ist die wahre Superpower, auf die es im Unternehmertum wirklich ankommt. Alles weitere ist reiner Bonus und schnell verbraucht.

Fazit: Gründen ist eine Reise, keine Destination

Ein Unternehmen zu gründen ist eine Reise voller Höhen und Tiefen. Sie erfordert Mut, Durchhaltevermögen und den Willen, sich ständig weiterzuentwickeln. Es gibt trotz größter Opfer und Willensstärke keine Erfolgsgarantie. Die möglichen Belohnungen können immens sein, doch für die meisten Unternehmer ist der schöpferische Prozess auf der Reise die eigentliche Erfüllung. Wer für den Sprung bereit ist, dem wünsche viel Erfolg und einen guten Flug. Sobald die selbstgebauten Flügel greifen, ist die Aussicht von oben bestimmt durchaus genießbar.

Dr. Hans-Christian Stockfisch

Dr. Hans-Christian Stockfisch ist Gründer von Flexvelop und ehemaliger Offizier. Für ihn ist eine Unternehmensgründung nicht nur eine kalkulierte geschäftliche Entscheidung, sondern auch ein völlig eigener Lebensentwurf.

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One Comment

  • Silvan sagt:

    Ganz ohne Kapital klappt es nicht, aber bootstrappen bringt auch viele Vorteile. Ich bin froh kein Fremdkapital aufgenommen zu haben. So schläft man ruhiger und kann auch in schlechten Marktphasen entspannt bleiben.
    Ich würde es wieder so machen

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