„Einfach mal anfangen“? So klappt’s tatsächlich
Wenn das berühmte „Jetzt reiß ich mich endlich mal zusammen!“ auch beim 100. Versuch nicht funktioniert, was kann man dann tun? Da Prokrastination nicht gerade selten ist, wird das Phänomen seit den 1990er Jahren auch wissenschaftlich untersucht und nach Lösungsansätzen geforscht. Eine Auswahl der vielversprechendsten sehen Sie hier. Natürlich eignet sich nicht jede Strategie für jeden, man muss einfach ausprobieren, welche einem persönlich am besten hilft.
- Warten Sie nicht darauf, dass Sie in die „richtige, kreative Stimmung“ kommen. Gerade wenn die Uhr tickt und die Deadline immer näher rückt, ist es unwahrscheinlich, dass sich diese Stimmung tatsächlich irgendwann mal einstellt.
- Zerlegen Sie das große beängstigende Projekt in viele kleine Aufgaben: So machen Sie sich einerseits klar, wie die ersten konkreten Schritte aussehen, diese erscheinen aber auch erreichbarer und weniger bedrohlich als das große Ganze.
- Fangen Sie täglich klein an: Nehmen Sie sich jeden Morgen zunächst überschaubare, leicht zu bewältigende Teilaufgaben vor. Das sorgt für schnelle Erfolgserlebnisse und hilft dabei in Arbeits-Stimmung zu kommen. Danach fällt es leichter weiter zu machen, weil man nun schon (geistig und/oder körperlich) in Bewegung ist.
- Bei manchen funktioniert auch der umgekehrte Weg: Nehmen Sie sich die grässlichste Aufgabe gleich für den Anfang vor! Dann ist es geschafft und Sie können sich den leichteren Aufgaben des Tages zuwenden.
- Wem gerade die Ablenkungen in der eigenen Wohnung zu schaffen machen, kann sich damit behelfen, diese zu verlassen und im nächsten Park oder im Café nebenan arbeiten. Eine andere Möglichkeit stellen Bürogemeinschaften oder Co-Working Spaces dar. Hier kann man nicht nur einen Arbeitsplatz, fern der heimischen Ablenkungen, anmieten, sondern bekommt oft, je nach Ausstattung, auch noch einiges an hilfreicher Infrastruktur (Drucker, W-LAN, Tee-Küche) dazu.
- Suchen Sie sich Mitstreiter. Treffen Sie sich zum Arbeiten, jeder an seinem eigenen Projekt. So haben Sie gar nicht nicht die Möglichkeit sich einfach mit etwas anderem zu befassen. Außerdem kann man sich gegenseitig motivieren.
- Nehmen Sie sich täglich zwei feste Zeiten vor, etwa 10:00 Uhr bis 10:30 Uhr und 14:00 Uhr bis 14:30 Uhr. Zu exakt diesem Zeitpunkten setzen Sie sich an Ihr ungeliebtes Projekt und und arbeiten konsequent ½ Stunde – nicht länger! Das mag zunächst völlig paradox klingen. Doch gar nicht länger daran arbeiten zu dürfen, nimmt den Druck und erleichtert so das Anfangen. Allmählich sollten Sie die tägliche Arbeitszeit erhöhen. Wann genau Sie diese Arbeitsphasen einplanen, ist ganz Ihnen überlassen. Morgenmenschen können ihre erste durchaus um 8 Uhr beginnen. Wem um diese Zeit noch chronisch die Augen zufallen, plant sie etwas später ein. Wichtig ist nur eines: Halten Sie sich unbedingt an die eingeplanten Arbeitszeiten, denn wer erstmal ein Verschieben um 5 Minuten akzeptiert, lässt bald auch 2 Stunden durchgehen und irgendwann heißt es dann doch wieder „Das mach ich morgen“!
- Vermeiden Sie Störungen und Unterbrechungen so gut es geht. In einem früheren Artikel hat unternehmer.de-Autor Martin Krengel beschrieben, warum Ablenkungen so viel Produktivität kosten und wie man Ruhe in seinen Arbeitstag bekommt. Im Notfall kann man für begrenzte Zeit auch mal die E-Mail-Benachrichtigung ausschalten oder mit Ohrstöpseln arbeiten.
- „Warum tue ich mir das an?“ Haben Sie sich diese rhetorische Frage auch schon mal gestellt? Machen Sie eine echte Frage daraus und suchen Sie nach einer Antwort. Finden Sie den Grund, warum Sie diese Aufgabe erledigen wollen, was es für Sie selbst wirklich bedeutet. Wenn Sie wissen, warum Sie etwas tun, wird es auch leichter es wirklich zu tun.
- Sagen Sie auch mal nein! Gerade Menschen mit Tendenzen in Richtung Helfer-Syndrom haben massive Schwierigkeiten eine Bitte abzulehnen. Aber wenn Sie sich zu viel aufhalsen (lassen), verlieren Sie irgendwann komplett den Überblick und die Aufgaben, die wirklich wichtig sind, aus den Augen.
- Konzentrieren Sie sich immer nur auf eine Sache. Multitasking klappt nicht, es verursacht nur zusätzlichen Stress und unnötige Fehler.
- Planen Sie Pausen ein, denn niemand kann über Stunden nonstop konzentriert und produktiv sein. Machen Sie dann auch wirklich mal für ein paar Minuten nichts Arbeitsbezogenes. Bewegen Sie die verkrampften Muskeln, trinken Sie etwas oder gehen sogar ein paar Schritte an der frischen Luft. Aber lassen Sie sich nicht verführen, „nur mal ganz schnell“ etwas anderes zu erledigen, an dem Sie dann wieder hängen bleiben könnten.
- Seien Sie auch mal nett zu sich selbst. Je länger man sich über das prokrastinierende Selbst ärgert, desto wütender wird man. Doch durch ständige Selbstkritik steigt lediglich der innere Druck und das sorgt nur für noch mehr Angst, ein weiter sinkendes Selbstwertgefühl und noch stärkere Vermeidungsreaktionen, also Aufschieberei. Statt sich deswegen ständig zu verfluchen und zu quälen, sollte man freundlicher mit sich selbst umgehen und sich verzeihen. Zeit die bereits vergangen ist, bekommt man auch durch Selbstvorwürfe nicht zurück.
- Setzen Sie sich eigene Deadlines, auch für Teilaufgaben, und denke Sie immer wieder an diese Termine. Durch das ständige, auch gedankliche, Wiederholen, prägen sich Ihre internen „Abgabetermine“ als real ein und nicht die finale Deadline, an der das ganze Projekt fertig sein soll. So schaffen Sie sich Pufferzonen. Außerdem tendieren Aufgaben, laut dem Parkinsonschen Gesetz, dazu, sich über den ganzen verfügbaren Zeitraum auszudehnen, nicht nur über den, der wirklich zu ihrer Erledigung nötig ist.
- Sie müssen nicht immer perfekt sein! Schrauben Sie deshalb Ihre Anspruchshaltung zurück. Das bedeutet nicht, dass Sie Ihre Aufgaben schlampig erledigen sollen, aber sie „nur“ gut und dafür rechtzeitig zu erledigen, reicht aus.
- Halten Sie Ihre To Do-Liste im Zaum. Es macht zwar Sinn, das große Projekt in Teilaufgaben zu zerlegen und diese auch schriftlich festzuhalten. Den ganzen Tag mit einer unendlich langen Liste konfrontiert zu sein, die einfach nicht kürzer zu werden scheint, entmutigt jedoch nur. Nehmen Sie sich täglich nur einen Teil der Liste vor, markieren Sie diese Aufgaben in einer bestimmten Farbe, oder schreiben Sie sich für jeden Tag eine neue Liste, die Sie dann am Ende, nach getaner Arbeit und mit einer gehörigen Portion Genugtuung, in den Papierkorb werfen.
Das Beste kommt zum Schluss: Die Belohnung nicht vergessen!
Gerade bei langen Projekten erscheint das Ziel, der erfolgreiche Abschluss, noch in weiter Ferne. Deshalb ist es wichtig sich auch zwischendrin mal zu belohnen, am Anfang für das Einhalten des Tagesplanes, später sollten auch die Etappenziele gefeiert werden. Dabei können die berühmten Zettelchen an der Pinnwand helfen. Bei jedem Zwischenziel, das als „erledigt“ von der Pinnwand entfernt wird und in den Papierkorb wandert, hat man ein kleines Erfolgserlebnis, das beim Weitermachen hilft. Machen Sie es auch zu einem angenehmen Abendritual sich alles in Erinnerung zu rufen, was an diesem Tag gut geklappt hat und was Sie erreicht haben. Sie haben pünktlich Ihre zweimal 30 Minuten Arbeit absolviert? Bravo! Genießen Sie alles was Sie geschafft haben als echten Erfolg und reden es nicht gleich wieder klein!
Die schönste Belohnung dafür, das eigene Aufschiebeverhalten in den Griff zu kriegen ist aber eindeutig, dass man nicht mehr permanent denkt „Eigentlich müsste ich jetzt…“ und deshalb endlich wieder richtige Freizeit hat, die man dann auch mit gutem Gewissen genießen kann.
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