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Die Gründung richtig vorbereiten: Interview mit der StartUp-Beraterin Dr. Sabine Muschiol

Die Gründung richtig vorbereiten: Interview mit der StartUp-Beraterin Dr. Sabine MuschiolUnternehmensgründungen sind ein wichtiger Teil der deutschen Wirtschaft und bringen viel Innovationspotenzial mit sich. Eine eigene Firma zu eröffnen birgt jedoch auch jede Menge Risiken, die man zuvor bedenken sollte. KfW-Gründer-Coach Dr. Sabine Muschiol aus Berlin ist Start-up-Beraterin. Sie kennt die Gründerszene gut und erteilt im Interview mit unternehmer.de Auskunft über den Entwicklungstrend von Neugründungen in Deutschland. Darüberhinaus gibt sie wertvolle Tipps, was man als Gründer beachten sollte, um sein Geschäft zum Erfolg zu führen.

unternehmer.de: Wie viele Neugründungen gab es im vergangenen Jahr in Deutschland?

Dr. Muschiol: Der Chefvolkswirt der KfW, Jörg Zeuner, sagte gegenüber dpa, dass er auch für 2012 weniger Unternehmensgründungen als im Vorjahr erwartet. Bereits 2011 war die Zahl der Neugründungen gemäß einer gemeinsamen Studie der KfW-Bankengruppe und des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) um 2% auf 185.000 gesunken. Gleichzeitig wurden 2011 416.000 neue Stellen geschaffen (-15% zum Vorjahr), die jedoch zu 59% durch die Gründer selbst besetzt wurden. – Im ersten Halbjahr 2012 hat sich das Gründungsgeschehen laut Statistischem Bundesamt bereits um 7% gegenüber dem Vorjahreszeitraum abgeschwächt.

unternehmer.de: In welchen Bereichen gibt es besonders viele Start-ups? Folgen Neugründungen irgendwelchen Moden oder Trends?

Dr. Muschiol: Rund 15% der Gründer in Deutschland kommen mit einem Produkt bzw. einer Dienstleistung auf den Markt, die sich als Neuheit auf dem regionalen, deutschen oder weltweiten Markt bezeichnen lässt, wodurch die Innovationskraft der gesamten deutschen Wirtschaft gestärkt wird. Gleichzeitig setzt der weit überwiegende Teil der Gründer auf bewährte Geschäftsideen oder erprobte Konzepte.

68,4% aller Gründungen erfolgen im Dienstleistungsbereich (persönliche, wirtschaftliche und Finanzdienstleistungen); auf Platz zwei folgt der Handel (12,3%). Mit deutlichem Abstand folgen das Baugewerbe (5,8%), sonstige Nichtdienstleistungen (5,4%), das verarbeitende Gewerbe (4,2%) und Verkehr & Nachrichtenübermittlung (3,9%). Das Überwiegen von Neugründungen im Dienstleistungsbereich hält seit Jahren an und spiegelt somit den allgemeinen Strukturwandel der deutschen Volkswirtschaft wider.

unternehmer.de: Viele Start-ups überdauern die ersten drei Jahre nicht. Wie viele Gründer beenden Ihre Selbständigkeit recht schnell wieder und woran liegt das?

Dr. Sabine Muschiol aus Berlin ist Start-up-Beraterin und Gründer-Coach bei der KfW

Dr. Muschiol: Im KfW-Gründungsmonitor 2012 wurden Befragungswellen der Jahre 2008-11 zusammengefasst, aus denen sich als Ergebnis festhalten lässt, dass ein Jahr nach Gründung im Durchschnitt noch rund 86% aller Gründer mit ihrem Gründungsvorhaben selbstständig sind. Nach drei Jahren ist jedoch jeder dritte Gründer (32%) nicht mehr am Markt.

Laut IfM Bonn wurden im 1. Halbjahr 2012 187.400 Unternehmen stillgelegt (-2,0% gegenüber dem Vorjahreszeitraum). Damit ergibt sich für das 1. Halbjahr 2012 ein Gründungssaldo von rund -5.000. Es wird davon ausgegangen, dass sich dieser Trend bei Existenzgründungen und Liquidationen auch im 2. Halbjahr 2012 fortsetzen wird. Für das gesamte Jahr 2012 wird geschätzt, dass es einen Rückgang der Existenzgründungen auf rund 360.000 und einen Rückgang der Liquidationen auf rund 376.000 geben wird. Der Gründungssaldo läge dann bei -16.000.

Für 2010/11 enthält der KfW-Gründungsmonitor auch Angaben zur Art des Abbruchs von Gründungsprojekten für Personen, die innerhalb der letzten 36 Monate gründeten, ihre Selbstständigkeit aber bereits wieder beendet haben. Danach wird nur ein kleiner Teil der Gründungsprojekte (unfreiwillig) durch Insolvenz beendet (4%). Zumeist erfolgt die Aufgabe einer Gründung im Rahmen einer Liquidation (56%). Vergleichsweise selten finden auch eine Übergabe an einen Nachfolger (9%) oder ein Verkauf des Unternehmens (3%) statt. Bei mehr als jeder vierten beendeten Selbstständigkeit (28%) war das Projekt von vornherein als zeitlich befristet angelegt. Im Nebenerwerb ist der Anteil der von vorn herein befristeten Selbstständigkeiten mit 36% der beendeten Projekte mehr als doppelt so hoch wie im Vollerwerb (16%). Dabei spielen weder geschlechts- noch bildungsspezifische Unterschiede eine ausschlaggebende Rolle.

Vielmehr hat das Gründungsmotiv, also die Frage, ob die Gründung hauptsächlich wegen fehlender Erwerbsalternativen erfolgt oder als Chance zur Nutzung einer Geschäftsidee begriffen wird, einen signifikanten Effekt auf die Gründungsstabilität. Bei letzteren liegt – hauptberufliche Selbständigkeit vorausgesetzt – die monatliche Abbruchwahrscheinlichkeit um 0,2% höher.

unternehmer.de: Mit welchen Problemen haben Jungunternehmer besonders häufig zu kämpfen?

Dr. Muschiol: Viele junge Unternehmerinnen und Unternehmer müssen, wie bereits festgestellt, innerhalb der ersten drei Jahre ihre Firma wieder schließen. Die Hauptgründe für das Scheitern sind Auftrags- bzw. Nachfragerückgänge, Forderungsausfälle, Kostensteigerungen, schlechte Marktentwicklungen oder zu schlechte Verdienstmöglichkeiten bzw. zu geringes Eigenkapital. Oft gibt es jedoch nicht nur einen einzelnen Grund, sondern eine Kombination verschiedener Ursachen. Diese wären vermeidbar, wenn die Jungunternehmer Probleme und ihre Ursachen rechtzeitig erkennen, sich darauf vorbereiten und rechtzeitig nach Unterstützung suchen würden.

Hinzu kommt oft, dass im Vorfeld der Gründung beantragte Finanzierungen bankseitig nicht bewilligt werden, da dem Businessplan sowie der Finanzplanung nicht die erforderliche Aufmerksamkeit entgegen gebracht wurde. Wenn sich dann noch die Akquisition von Aufträgen deutlich schwieriger gestaltet als erwartet, sind Probleme vorprogrammiert. Denn Fixkosten, eigene Sozialversicherungsbeiträge und den Lebensunterhalt müssen die Gründer abdecken können. Das stellt insbesondere in konjunkturell schwierigen Zeiten eine große Herausforderung dar.

(Artikelbild: © Robert Kneschke – Fotolia.de)

unternehmer.de: Und wie können Sie helfen, diese Stolperfallen zu umgehen?

Dr. Muschiol: Die Praxis zeigt, dass viele Gründer sich im Vorfeld nicht ausreichend darüber informiert haben, was bei einer Existenzgründung alles beachtet werden muss. Deshalb empfehle ich immer den Besuch eines mehrtägigen Existenzgründungsseminars, um sich einen Überblick über die relevanten Themen zu verschaffen. Die Teilnahme sollte möglichst mit einem individuellen Gespräch zum konkreten Vorhaben gekoppelt sein und eine „Schwachstellenanalyse“ beinhalten.

Zudem wird oft unterschätzt, welche große Bedeutung die Erstellung eines Businessplans und der zugehörigen Finanzplanung für einen erfolgreichen Start in die Selbständigkeit hat. Und zwar nicht nur zur Vorlage bei unterschiedlichen Adressaten, wie beispielsweise bei der Agentur für Arbeit, dem JobCenter oder einer Bank, sondern für eine erfolgreiche Umsetzung des eigenen Gründungsvorhabens. Hier helfe ich z.B. bei der Recherche zum Themenkomplex Markt/Wettbewerb, bei der SWOT-Analyse (Stärken/Schwächen, Chancen/Risiken) oder bei der Erarbeitung des Geschäftsplans. Und ich gebe Unterstützung bei der Suche nach geeigneten Finanzierungs-und/oder Fördermitteln.

unternehmer.de: Sie sind selbst KfW-Gründer-Coach und Start-up-Beraterin. Wie kann man Kontakt zu Ihnen oder anderen Coaches aufnehmen, wenn man sich beraten lassen möchte?

Dr. Muschiol: Ich denke, dass die Qualifikation des potentiellen Coachs, seine praktischen Erfahrungen und seine eventuell vorhandenen Branchenkenntnisse bei der Auswahl Priorität haben sollten. Entsprechende Hinweise und auch die Kontaktdaten von Gründungsberatern findet man z.B. in den Beraterprofilen der Beraterdatenbanken von KfW und BAFA (Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle). Auch auf Empfehlungen von bereits erfolgreich gegründeten Unternehmer(n)/-innen kann hier zurückgegriffen werden. Zudem kann man sich im Internet die Webauftritte verschiedener Berater/innen bzw. Coachs ansehen und eine Auswahl treffen.

Darüber hinaus sollte die „Chemie“ zwischen Coach und Coachee „stimmen“. Deshalb sollte jeder Gründer/-in zunächst mit zwei bis drei Gründungsberatern ein – oft kostenfrei angebotenes – Erstgespräch führen und danach entscheiden, welcher Berater/-in am besten zum eigenen Gründungsvorhaben passt.

unternehmer.de: In welcher Phase der Gründung kann/sollte man sich um eine Beratung bemühen?

Dr. Muschiol: Eine Existenzgründung ist ein komplexer Vorgang mit vielfältigen Alternativen und auch Fehlerquellen. Deshalb sollten potentielle Gründer/-innen schon in der ersten Gründungsphase, in der es um das Orientieren und Analysieren einer möglichen Selbständigkeit geht, den Bedarf an Beratung klären, eruieren, wo konkreter Informationsbedarf besteht. Denn die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Gründung ist nachweislich deutlich größer, wenn bereits zu diesem Zeitpunkt individuelle Beratung bzw. ein Coaching in Anspruch genommen wird.

Zudem geht es neben der Frage, ob der Gründungswillige auch wirklich alle Voraussetzungen für eine selbständige Tätigkeit mitbringt, auch darum, frühzeitig von dritter Seite eine neutrale Beurteilung der Geschäftsidee zu erhalten, um so die Erfolgsaussichten besser einschätzen zu können.

unternehmer.de: Gibt es ein paar Tipps, die jeder Gründer beherzigen sollte?

Dr. Muschiol: Das A und O einer erfolgreichen Existenzgründung ist eine gute Vorbereitung. Dazu zählen u.a.:

Wichtige Voraussetzungen sind zudem:

Und nicht zu vergessen: Die frühzeitige Einbeziehung eines Gründungsberaters für einen erfolgreichen und vor allem nachhaltigen Start in die Selbständigkeit.

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