Laut Studien sind 80 Prozent der neuen Unternehmen innerhalb von fünf Jahren wieder vom Markt verschwunden. Die Gründe sind häufig ähnlich: Es bleibt kaum Gewinn übrig, immer wieder kommen überraschende Nachzahlungen und es bleibt einfach kein Geld übrig, um es auf die Seite zu legen. Viele starten ihr Unternehmen aus Leidenschaft und dem Wunsch, etwas zu bewirken. Finanzen sehen sie als lästige Pflicht und treffen daher falsche Entscheidungen. Langfristiger Erfolg gelingt nur, wenn die wichtigsten Prioritäten im Griff sind – und dazu gehören die Zahlen. Alles andere ist zweitrangig, egal was andere behaupten mögen.
First things first: Die wichtigsten Prioritäten für UnternehmerInnen
Ich vergleiche Unternehmen gern mit einem Haus. Und dieses Haus steht nur dann stabil, wenn es auf einem standfesten Fundament gebaut ist. Dann kann der Sturm des Unternehmeralltags kommen. Und er kommt bestimmt – nur wann, das ist vorher nicht klar.
Dieses Unternehmerhaus hat eine Fassade – aus dieser Perspektive nehmen Dritte dein Unternehmen wahr. Neben Kinderzimmern (Team), Gemälden (Werbung) und Möbeln (sonstige Kosten) gibt es auch den Elternbereich (UnternehmerIn). Damit alle entspannt zusammenwohnen können, brauchst du zwingend zwei weitere Elemente.
Heizung = Umsatz
Wasser = Cash
Ohne diese beiden Elemente kannst du dein Haus nicht lange bewohnen. So läuft das auch im Unternehmerleben. Ohne Umsatz und Cashflow gibt es keine warme Dusche.
Für UnternehmerInnen gibt es daher zwei Top-Prioritäten, die du perfekt im Griff haben musst, damit das Fundament steht, du fließend Wasser hast und es auch im Winter kuschelig warm wird.
Priorität Nummer eins: dein Vertrieb
Auch wenn mein Fokus auf Finanzen liegt: Das beste Finanzwissen bringt dir nichts, wenn kein Geld da ist zum Managen. Wer seine Dienstleistungen oder Produkte nicht an den Mann oder die Frau bringt, führt kein Unternehmen, sondern hat ein aufwendiges Hobby. Daher versteh deinen Markt, um Umsatz zu generieren. Frage dich, wie du deinen KundInnen helfen kannst, was dein Angebot von denen anderer unterscheidet und auf welche Widerstände du stoßen könntest. Führe so viele Gespräche wie möglich und hole dir Feedback von potenziellen und tatsächlichen KundInnen ein.
Priorität Nummer zwei: deine Finanzen
Läuft der Vertrieb, ist es Zeit, dich deinen Finanzen zu widmen. Andernfalls reißt du hinten wieder ein, was du dir vorne aufgebaut hast. Die meisten neigen dazu, auf einen möglichst hohen Umsatz zu schielen. Dies führt leider oft dazu, dass Unternehmen viel Geld für Werbung ausgeben, ohne ihren Nutzen zu prüfen. Was bringt ein hoher Umsatz, wenn die Ausgaben dafür höher sind? Ein kontinuierlicher Umsatz ist wichtig, aber allein darauf zu fokussieren, ist ein Fehler.
Vielleicht geht bei dir der Blick eher in die letzte Zeile, wenn du deine betriebswirtschaftliche Auswertung (BWA) auf dem Bildschirm hast. Aber auch der Gewinn ist nicht der einzige Maßstab. Viele betrachten nur die Umsatz- und Gewinnzahlen und gehen dann zum Tagesgeschäft über. Klar, der Gewinn zeigt an, wie erfolgreich dein Business ist. Für finanzielle Stabilität solltest du davon allerdings auch zwanzig Prozent des Rohertrags gleich zur Seite legen. Das ist ein guter Richtwert, der tatsächlich branchen- und größenunabhängig gültig ist.
Im Geschäftsalltag ist entscheidend, wie viel Geld auf deinem Geschäftskonto liegt. Eine Liquiditätsreserve sollte so groß sein, dass sie mindestens sechs Monate lang deine Kosten decken kann. Diese Reserve sollte auf einem separaten Konto liegen, das im Alltagsgeschäft nicht angetastet wird.
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Erste Schritte Richtung finanzieller Stabilität
Schritt 1: Totale Transparenz
Der erste Schritt Richtung finanzieller Stabilität ist immer derselbe. Du brauchst unbedingt eine totale Transparenz über deine wirtschaftliche Situation – und zwar über Umsatz, Gewinn und Liquiditätsreserve hinaus. Diese Transparenz zeigt dir, wie dein Unternehmen wirklich dasteht. Was dir an Verständnis fehlt, solltest du dir aneignen, um die Zahlen lesen und interpretieren zu können. Nur dann kannst du kluge Entscheidungen treffen.
Vielleicht erleichtert dir folgendes Bild den Prozess:
Dein Unternehmen spricht mit dir und möchte dir einen Weg zeigen, wie es wachsen und gedeihen kann. Dazu nutzt es die Sprache der Zahlen. Diese Sprache kannst du lernen, wie jede andere Sprache auch. Dafür brauchst du ein paar Vokabeln (Fachbegriffe) und etwas Grammatik (Regeln). Und wie bei jeder Sprache reicht es, wenn du die wichtigsten Vokabeln und Grammatikregeln kennst, um dich zu verständigen. Du musst sie nicht perfekt beherrschen.
Schritt 2: Das richtige Verhältnis von Einnahmen und Kosten
Optimiere die Struktur von Einnahmen und Kosten. Im Tagesgeschäft solltest du einen Gewinn von mindestens 20 Prozent des Rohertrags erzielen. Dafür musst du dir natürlich erst einmal einen Überblick verschaffen über ALLE Kosten. Dazu gehören fixe Kosten, aber auch andere Kosten, die beispielsweise für eine Dienstleistung wichtig sind, selbst wenn sie offiziell nicht als fixe Kosten zählen. Das ist ein wichtiger Schritt, den viele vernachlässigen und ihr Unternehmen eher nach dem Motto „Management by Kontostand“ führen. Aber ebenso wichtig ist, zu schauen, wo denn die Einnahmen herkommen. Ich habe schon mit Unternehmern gearbeitet, die einen Geschäftsbereich einstellen wollten, die Analyse der Zahlen jedoch gezeigt hat, dass hier die größte Marge gemacht wird.
Schritt 3: Finanzsession im Kalender eintragen
Wenn ich mit potenziellen Neukunden rede, höre ich immer wieder: „Ich habe einfach keine Zeit, um mich eingehend mit meinen Finanzen zu beschäftigen.“ Hast du das auch schon mal gedacht oder sogar gesagt?
Das ist nur eine Ausrede. Punkt.
Richtig ist, dass du dem Thema bislang eine falsche Priorität zugewiesen hast. Dabei sind die Finanzen (neben deinem Vertrieb) das Wichtigste, um das du dich als Unternehmer kümmern kannst. Alles andere kommt erst danach.
Schritt 4: Rechnungen schreiben und einen automatisierten Mahnprozess etablieren
Stelle sicher, dass Rechnungen zeitnah geschrieben werden und ein automatisierter Mahnprozess vorhanden ist. Klare Regeln für Zahlungserinnerungen und Mahnungen sind ein Schritt hin zu professionellen Finanzprozessen und sichern deine Liquidität.
Schritt 5: Ein Kontensystem einrichten
Ein Kontensystem besteht aus einer Ansammlung verschiedener Bankkoten. Jedes Konto verfolgt eine eigene Aufgabe und hat einen eigenen Sinn. Wenn du Finanzexperten näher beobachtest, stellst du fest, dass so ziemlich jeder sein eigenes System empfiehlt.
Streng genommen brauchst du so ein System nicht unbedingt. Wenn du dich mit Liquiditätsplanung und -hochrechnungen sehr gut auskennst, ist es nicht nötig. Das gehört nicht zu deinen Stärken? Dann ist es eine gute Idee, wenn dein durchdachtes Kontensystem Tagesgeschäft, Steuern, Rücklagen für Wachstum und Sicherheitsrücklagen trennt. So behältst du stets den Überblick über deine Finanzen.
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Bauchgefühl und Zahlen
Das Bauchgefühl kann uns zwar schon einmal trügen, wenn wir es nicht mit wichtigen Kennzahlen kombinieren, aber UnternehmerInnen, die allein ihren Zahlen vertrauen, verlieren möglicherweise schnell den Bezug zu den Menschen, die jedes Unternehmen erst ausmachen. Daher geht es darum, die Stärken von Zahlen und Bauchgefühl zu kombinieren und daraus etwas Einzigartiges zu schaffen. Dein Unternehmen soll deinen Stärken und Vorlieben entsprechen und du darfst die Werkzeuge einsetzen, die dir helfen, die besten Entscheidungen zu treffen. Deshalb bin ich zu folgender Überzeugung gelangt: Dein Bauchgefühl macht dein Unternehmen einzigartig, deine Zahlen halten es am Leben.
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