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Abstieg, Ausverkauf und Arcandor

Josef Neckermann musste einsehen, dass sein Unternehmen alleine nicht mehr überlebensfähig war und verkaufte 1976 Anteile an Karstadt. Die Ära der Familie Neckermann war damit schnell beendet: Die letzte Aktionärsversammlung der Neckermann Versand KGaA fand 1977 statt, danach wurde sie in eine reine Aktiengesellschaft umgewandelt. Neuer Haupteigentümer wurde die Karstadt AG. Nach nur einem Jahr im Aufsichtsrat verabschiedete sich Josef Neckermann in den Ruhestand, auch die beiden Söhne Peter und Johannes nahmen Ende der 1970er Jahre ihren Hut.

Zum Auftakt des Neustarts wurden Tausende Mitarbeiter entlassen, der Neckermann-Kundendienst langsam aber sicher vollständig eingestellt und ein Großteil der Warenhäuser verkauft oder geschlossen. Die Reise-, Immobilien- und Versicherungssparten wurden vom neuen Eigentümer Karstadt wieder abgestoßen, der Versandhandel sollte wieder das Kerngeschäft bilden. 1999 fusionierte Karstadt dann ausgerechnet mit Quelle, dem Erzrivalen Neckermanns. Beide große Universalversandhäuser waren nun 100-prozentige Tochterunternehmen des Arcandor-Konzerns, der jedoch unablässig die Eigenständigkeit der beiden Unternehmen betonte. Von der Insolvenz der Arcandor-AG 2009 war Neckermann im Gegensatz zu Quelle zwar nicht unmittelbar betroffen, denn die 49 Prozent Neckermann-Anteile, die Arcandor hielt, wurden von Sun Capital Partners übernommen.

Mangel an Investoren

Noch 2010 war Neckermann neben Otto das größte Versandhaus Deutschlands, beschäftigte rund 2.400 Mitarbeiter und setzte rund 870 Millionen Euro um. Auch der Wandel zum Online-Geschäft wurde – im Gegensatz zu Quelle – zwar nicht gänzlich verschlafen, nach Meinung von Experten jedoch nicht konsequent genug vollzogen. Wichtige Investitionen in Informationstechnologien wurden versäumt, im Vergleich zu Online-Riesen wie Amazon oder Zalando war die Neckermann-Seite stets umständlich und altbacken. Im April noch kündigte Neckermann weitreichende Umstrukturierungspläne an, doch es fanden sich keine neuen, dringend benötigten Investoren. Zuletzt hatte schließlich auch der US-Investor Sun Capital weitere Geldspritzen verweigert und das Unternehmen in die Pleite entlassen.

Die Abwicklung des Versandhändlers hat nun am 1. Oktober begonnen. Einen Hoffnungsschimmer gibt es immerhin für 1.650 der zuletzt rund 2.000 Mitarbeiter: Arbeitsagentur und die Stadt Frankfurt wollen gemeinsam Lösungen schaffen, um den „Neckermännern“ – ähnlich wie den „Schlecker-Frauen“ – durch Weiterbildungsmaßnahmen neue Perspektiven zu bieten.
Und auch auf der ganz in Trauerschwarz gehaltenen Homepage findet sich ein immerhin versöhnlicher Abschiedsgruß: „Wir haben alles möglich gemacht. 62 Jahre lang. Vielen Dank an alle.“

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One Comment

  • Klaus Kropp sagt:

    eine ganze Reihe Versender machen aktuell herbe Verluste. Die Insolvenz von N+Q ist auch auf die äußerst agressiven Methoden der Wettbewerber (und deren Kapital) zurück zu führen. N wird nicht der letzte sein, der im Online Handel kaputt geht. Das Z Syndrom droht ihnen allen. Mit 5% kann man nicht 3 versenden und 2 zurücknehmen.

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