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Programmieren ohne eine einzige Zeile Code selbst zu schreiben? Was nach Science-Fiction klingt, ist seit Anfang 2025 unter dem Namen „Vibe Coding“ bekannt und Teil der „Low Code“- oder „No Code“-Bewegung. Der Begriff stammt von Andrej Karpathy, dem ehemaligen KI-Chef von Tesla, der diesen neuen Ansatz der Softwareentwicklung prägte. Das Prinzip ist verblüffend simpel: Entwickler beschreiben in normaler Sprache, was ihre Software können soll. Die KI übernimmt den Rest – sie generiert, testet und passt den Code an. Statt stundenlang Syntax zu pauken, formulieren Nutzer ihre Wünsche wie in einem Gespräch.

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Dass diese Art des „Programmierens“ aber so populär werden sollte, damit rechnete vermutlich nicht einmal Karpathy selbst. Damals sagte der KI-Experte über die Methode, dass sie besonders für „Wegwerf-Wochenendprojekte“ geeignet und einfach „ziemlich amüsant“ sei. Mehr als eine Spielerei und Zeitvertreib sah Karpathy zu diesem Zeitpunkt noch nicht in der Methode. Aber: Der Hype um Vibe-Coding lässt auch heute kaum nach. Nur wenige Monate später lassen sich nun vollständige Apps per KI programmieren.

Dieser Trend verspricht nicht weniger als eine Revolution der Programmierung. Denn plötzlich können auch Menschen ohne technischen Hintergrund funktionsfähige Anwendungen erstellen – damit ist Programmieren heutzutage so niedrigschwellig wie noch nie. Doch wie bei jeder technologischen Neuerung stellt sich die Frage: Ist das die Zukunft oder nur ein riskanter Hype?

So funktioniert die KI-gestützte Entwicklung

Der Workflow beim Vibe Coding gleicht einem Dialog. Ein Nutzer tippt beispielsweise: „Erstelle mir eine einfache Veranstaltungsseite, auf der Gäste ihren Namen und ihre E-Mail-Adresse eingeben können, um zuzusagen.“ Die KI liefert prompt den kompletten HTML- und JavaScript-Code. Doch perfekt läuft es selten beim ersten Versuch. So kann es vorkommen, dass beispielsweise die Fehlermeldung „TypeError: Cannot read property ‚value‘ of null“ erscheint. Hier kommt der Dialog ins Spiel: Der Nutzer kopiert die Meldung einfach zurück in den Chat. Die KI analysiert das Problem und erklärt: Das Skript versuchte, auf Formulareingaben zuzugreifen, bevor diese vollständig geladen waren. Die KI schlägt direkt eine Verbesserung vor, die der Nutzer wiederum in den Code kopiert. Mit der korrigierten Version funktioniert die Anwendung dann wie gewünscht. Dieses iterative Hin und Her zwischen Mensch und Maschine macht den Kern des Vibe Coding aus. So wird das Programmieren zum Gespräch.

Die Vorteile der dialogbasierten Programmierung

Vibe Coding demokratisiert die Softwareentwicklung radikal. Unternehmer, Designer und Fachexperten können plötzlich eigene Anwendungen erstellen – ganz ohne Informatikstudium. Die Einstiegshürde fällt praktisch weg. Besonders beeindruckend ist die Geschwindigkeit: Statt wochenlanger Entwicklung entstehen funktionsfähige Prototypen binnen Stunden. Startups können Ideen blitzschnell testen und bei Bedarf die Richtung ändern. Die KI übernimmt dabei die langweiligen Routineaufgaben – das Einrichten von Dateien, Standard-Codemuster und simple Datenverarbeitung. Diese Effizienz schafft Freiraum für das Wesentliche: kreatives Experimentieren. Entwickler können sich auf Design und Nutzererfahrung konzentrieren, während die KI den technischen Unterbau liefert. Das sofortige Feedback hält den kreativen Flow aufrecht und ermöglicht mutiges Ausprobieren neuer Ansätze.

Die Schattenseiten des Code-Dialogs

Doch Vibe Coding birgt erhebliche Risiken. KI-generierter Code mag zunächst funktionieren, kann aber ineffizient, schwer verständlich oder später kaum wartbar sein. Versteckte Probleme zeigen sich oft erst, wenn Projekte wachsen. Besonders kritisch sind Sicherheitslücken. Die KI übersieht häufig wichtige Schutzmaßnahmen wie die Validierung von Nutzereingaben oder korrektes Fehlerhandling. Wer dem generierten Code blind vertraut, riskiert Hackerangriffe und Datenlecks.

Ein weiteres Problem: Die Abhängigkeit von KI verhindert den Aufbau eigener Programmierkenntnisse. Geht etwas schief, fehlt das Verständnis für Reparaturen – auch hier muss dann wieder die KI ran. Bei komplexen oder ungewöhnlichen Anforderungen stößt die KI zudem an ihre Grenzen – sie produziert dann oberflächlichen oder unvollständigen Code. Für große, kritische Systeme bleibt Vibe Coding daher vorerst ungeeignet.

Wie Vibe Coding die Tech-Branche umkrempelt

Die Rolle von Entwicklern wandelt sich fundamental. Statt jede Zeile selbst zu tippen, erstellen sie nun präzise Prompts, prüfen KI-generierten Code und fügen verschiedene Komponenten zu funktionierenden Systemen zusammen. Prompt-Engineering und Code-Review werden dabei genauso wichtig wie klassische Programmierkenntnisse. Für Startups eröffnen sich völlig neue Möglichkeiten. Kleine Teams entwickeln Produkte in Rekordgeschwindigkeit – was früher große Entwicklergruppen erforderte, schaffen heute wenige Personen in Tagen. Gründer ohne technischen Hintergrund können aktiv an der Softwareentwicklung mitwirken. Auch die Programmierausbildung verändert sich. Neben den Grundlagen rückt die Zusammenarbeit mit KI-Tools in den Fokus: klare Anweisungen formulieren, generierten Code auf Fehler prüfen, Komponenten integrieren. Vibe Coding ersetzt technische Fähigkeiten nicht – es fügt eine neue Ebene der Mensch-Computer-Kollaboration hinzu.

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