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Ohne das Internet geht heutzutage kaum etwas: Sei es ein paar Schuhe zu kaufen, einen Termin beim Amt zu buchen oder die aktuellen Nachrichten zu lesen – all diese Dinge sind seit langem eine Selbstverständlichkeit für viele. Doch für Menschen mit bestimmten Behinderungen sieht es anders aus. Für gestaltet sich der Zugang zu den Online-Angeboten häufig schwierig, denn das Internet steckt noch immer voller Barrieren. Das soll sich ab dem 29. Juni 2025 ändern: Denn ab da tritt das sogenannte Barrierefreiheitsstärkungsgesetz, oder kurz BFSG, in Kraft. Was du bei der Gestaltung deines Webshops für eine möglichst starke Barrierefreiheit beachten solltest, erklären wir dir hier.

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Welche Seiten sind vom neuen Gesetz betroffen?

Mit dem neuen BFSG erhält das Bedürfnis behinderter Menschen nach Barrierefreiheit endlich den Fokus, den es verdient. Das Gesetz ist die deutsche Entsprechung der sperrig benannten „Richtlinie (EU) 2019/882 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2019 über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen (ABl. L 151 vom 7.6.2019, S. 70)“, kurz European Accessibility Act (EAA). Anbieter von Angeboten im Netz sind nun in der Verantwortung, einen barrierefreien Zugang zu ihren Inhalten, Dienstleistungen und Waren zu gewähren. Allerdings ist bei weitem nicht jeder Betreiber einer beliebigen Webseite vom BFSG betroffen. Die betroffenen Bereiche teilen sich auf in:

  • Dienstleistungen, dazu zählen: Telefondienste, E-Books, Messenger-Dienste, auf Mobilgeräten angebotene Dienstleistungen im überregionalen Personenverkehr, Bankdienstleistungen, Elektronischer Geschäftsverkehr, Personenbeförderungsdienste
  • Produkte, dazu zählen: Computer, Notebooks, Tablets, Smartphones, Geldautomaten, Fahrausweis und Check-In-Automaten, E-Book-Lesegeräte, Router

Wichtig ist hier der Bereich Dienstleistungen, da Webseiten – insbesondere Onlineshops – in diese Kategorie fallen. Zudem sind besondere Dienstleistungen auf der Webseite wie Kontaktformulare und Terminbuchungsmasken eventuell betroffen.

Wer nicht für Barrierefreiheit sorgen muss

Gut zu wissen: Rein private sowie rein geschäftliche (B2B) Angebote unterliegen dem BFSG nicht. Zudem sind auch Kleinunternehmen von den Anforderungen des BFSG ausgenommen. Als Kleinunternehmen werden dabei Unternehmen definiert, die weniger als zehn Beschäftigte haben oder einen Jahresumsatz beziehungsweise Bilanzsumme von höchstens zwei Millionen Euro haben. Zudem werden Ausnahmen gemacht, wenn die Änderungen zum Zweck der Barrierefreiheit an einer Dienstleistung ein wirtschaftliches Risiko für das Unternehmen darstellen. Die Sozialorganisation „Aktion Mensch“ empfiehlt, sich in jedem Fall einen Rechtsbeistand hinzuzuziehen. Das ist umso wichtiger, wenn bereits die Vermutung besteht, dass notwendige Änderungen nicht umsetzbar sind oder das Unternehmen gar nicht betroffen ist von den Regelungen.

Ob man sich allerdings überhaupt gegen die Umsetzung wehren möchte, muss gut überlegt sein. Denn eine barrierefreie Webseite kann viele Vorteile haben. So kann Barrierefreiheit unter anderem die SEO-Rankings positiv beeinflussen, indem sie die Nutzererfahrung in den Fokus stellt. Das wird wiederum oft von Suchmaschinen wie Google belohnt.

Für mehr Barrierefreiheit sorgen: Das ist jetzt zu tun

Wer mit seiner Webseite doch in eine der betroffenen Kategorien des BFSG fällt oder diese bereits vorausschauend mit dem Gesetz konform gestalten möchte, sollte jetzt seine nächsten Schritte planen. Allgemein gelten erstmal drei Dinge: Erstens muss die Webseite beziehungsweise muss der Onlineshop den Anforderungen der EN 301 549 entsprechen – also dem normierten Standard für barrierefreie Webseiten. Zweitens muss eine barrierefrei zugängliche „Erklärung zur Barrierefreiheit“ auf der Internetseite veröffentlicht werden. Die Erklärung soll Informationen darüber enthalten, wie die Barrierefreiheit sichergestellt wird und Teile der Seite benennen, die (bisher) nicht barrierefrei sind. Drittens muss die Internetseite eine Kontaktmöglichkeit bieten, mit der die Besucher der Webseite Barrieren melden können. Laut der Verordnung zum BFSG sind Anbieter auch zu folgendem verpflichtet:

  • Authentifizierungs-, Sicherheits- und Zahlungsfunktionen müssen wahrnehmbar, bedienbar, verständlich und robust gestaltet werden
  • Informationen auf Webseiten und Onlineshops müssen über mehr als einen sensorischen Kanal bereitgestellt werden
  • Schriftart sollte eine angemessene Größe haben und im Nutzungskontext von der Form her geeignet sein
  • Ausreichender Kontrast, Abstand zwischen Zeilen, Buchstaben und Absätzen von Texten
  • Alternative Darstellung von Bildern oder anderen nicht-textlichen Inhalten
  • Textformate müssen sich zum Generieren von alternativen assistierten Formaten durch den Verbraucher eignen
  • Unterstützungsdienste wie Help-Desk, Call-Center oder Schulungsdienste müssen Informationen über ihre Barrierefreiheit und die Kompatibilität mit assistiven Technologien, mit barrierefreien Kommunikationsmitteln bereitstellen

Was droht, wenn meine Webseite nicht barrierefrei ist?

Sollte die Marktüberwachungsbehörde feststellen, dass deine Webseite den Ansprüchen des BFSG nicht genügt, so wirst du laut § 29 BFSG zunächst dazu aufgefordert, innerhalb einer angemessenen Frist nachzubessern. Kommst du dieser Aufforderung jedoch nicht nach, beziehungsweise ignorierst du die Aufforderung, dann erfolgt eine zweite Aufforderung unter Androhung der Untersagung des Angebots / der Erbringung der Dienstleistung. Ignorierst du auch diese zweite Aufforderung, dann kann die Behörde anordnen, dass das Angebot / die Erbringung der Dienstleistung einstellen musst. Faktisch kann dir als reiner Online-Händler also die Geschäftstätigkeit untersagt werden. Die Anordnung kann allerdings wieder aufgehoben werden, sobald du schlussendlich nachgebessert hast. Das gleiche Prozedere gilt auch bei formalen Nichtkonformitäten laut § 30 BFSG.

Barrierefreiheit betrifft alle Nutzer

Bedeutet also: Es mag zwar aufwendig erscheinen, jetzt alle Hebel zu ziehen, um so schnell wie möglich den Ansprüchen des BFSG zu genügen, doch eine Missachtung kann schwere wirtschaftliche Folgen für dich und dein Unternehmen haben – insbesondere, wenn dein Online-Auftritt deine einzige Verkaufsstelle ist. Dafür kann die Umsetzung der Richtlinien auch Vorteile haben:

  • Bewertungen verbessern sich dank mehr Barrierefreiheit
  • Mehr Zugänglichkeit bedeutet möglicherweise auch mehr Umsatz
  • Verbesserungen bei SEO-Rankings durch nutzerfreundliche Webseiten-Gestaltung
  • Einfache und verständliche Struktur ist nicht nur für Menschen mit Behinderungen wichtig

Daher kann sich eine barrierefreie Umgestaltung der Webseite durchaus auch für Betreiber von Webseiten lohnen, die nicht direkt vom BFSG betroffen sind. Wie barrierefrei deine Webseite gestaltet ist, kannst du auch jetzt schon mithilfe einiger Tools der Organisation „Aktion Mensch“ testen.

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