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Im Jahr 2025 sehen sich deutsche Tech-Unternehmen mit einer zunehmend komplexen und strikten Regulierungslandschaft konfrontiert. Neue EU-Verordnungen wie der AI Act und die NIS2-Richtlinie setzen hohe Standards für Künstliche Intelligenz und Cybersecurity. Diese Entwicklungen werfen die Frage auf, ob es für deutsche Tech-Unternehmen sinnvoll ist, Teile ihrer Geschäftsaktivitäten ins Ausland zu verlagern, um flexibleren regulatorischen Rahmenbedingungen zu begegnen.

Regulatorische Herausforderungen in Deutschland und der EU

Die Europäische Union hat mit dem AI Act einen ersten umfassenden Rechtsrahmen für die Regulierung von Künstlicher Intelligenz geschaffen. Dieser kategorisiert KI-Anwendungen nach Risikostufen und legt spezifische Maßnahmen zur Gewährleistung von Sicherheit und Transparenz fest. Bestimmte KI-Anwendungen, wie das soziale Scoring durch Behörden und die massenhafte biometrische Überwachung in öffentlichen Räumen, sind gemäß dem AI Act verboten. Diese strikten Regelungen sollen den Schutz der Bürgerrechte gewährleisten, können jedoch auch die Innovationsfähigkeit von Unternehmen einschränken.

Zusätzlich erweitert die NIS2-Richtlinie ab März 2025 die Anforderungen an die Cybersecurity für eine Vielzahl von Unternehmen. Etwa 30.000 Unternehmen in Deutschland sind betroffen und müssen umfassende Sicherheitsmaßnahmen implementieren, regelmäßige Prüfungen durchführen und strenge Meldepflichten erfüllen. Diese erhöhten Anforderungen bedeuten für viele Unternehmen einen erheblichen organisatorischen und finanziellen Aufwand.

Im Vergleich dazu verfolgen andere Länder wie die USA einen weniger restriktiven Ansatz. US-Vizepräsident J.D. Vance warnte die EU vor einer übermäßigen Regulierung von KI, da sie die Entwicklung dieser vielversprechenden Technologie hemmen könnte. Die USA setzen stattdessen auf eine wachstumsorientierte KI-Politik, um ihre internationale Führungsposition in diesem Sektor zu sichern.

Alternative Standorte: Wohin könnte es gehen?

Angesichts des hohen regulatorischen Drucks in Deutschland und der EU ziehen einige Tech-Unternehmen in Betracht, Teile ihrer Geschäftsaktivitäten in Länder mit flexibleren Rahmenbedingungen zu verlagern. Die USA bieten beispielsweise ein innovationsfreundliches Umfeld mit weniger strikten Regulierungen im Tech-Sektor. Das Vereinigte Königreich hat nach dem Brexit eigene Regulierungsstandards entwickelt, die in einigen Bereichen flexibler sind als die der EU. Die Schweiz, als Nicht-EU-Mitglied, verfügt über eigenständige Regularien und attraktive steuerliche Rahmenbedingungen. Singapur ist bekannt für sein stabiles wirtschaftliches Umfeld und die proaktive Unterstützung von Tech-Unternehmen.

Neben KI-Unternehmen profitieren auch FinTechs in Ländern wie Singapur und der Schweiz von regulatorischer Klarheit und steuerlichen Anreizen, während Deutschland und die EU mit PSD2 und hohen Compliance-Hürden oft als innovationshemmend gelten. Auch Online-Glücksspielanbieter weichen vermehrt in Länder wie Malta oder Curaçao aus, da der deutsche Glücksspielstaatsvertrag enge Regulierungen vorsieht, etwa strikte Einsatzlimits und lange Genehmigungsverfahren, weshalb die Top Casinos ohne Einzahlungslimit Lizenzen anderer Behörden vorweisen.

Der Fall von Aleph Alpha, einem führenden deutschen KI-Startup, verdeutlichte schon im August 2023 die Relevanz solcher Überlegungen für den KI Sektor. Damals äußerte Gründer Jonas Andrulis gegenüber Business Insider die Möglichkeit, einer Unternehmensverlagerung, um flexiblere regulatorische Bedingungen zu nutzen. Doch trotz der Herausforderungen durch strenge EU-Regularien hat Aleph Alpha nicht nur seinen Standort in Heidelberg beibehalten, sondern auch bedeutende Investitionen erhalten.

Im Januar 2025 kündigte Aleph Alpha die Einführung eines neuen Tokenizers an, der es Kunden ermöglicht, KI-Modelle mit unterschiedlichen Sprachen und branchenspezifischen Daten anzupassen.

Rechtliche und steuerliche Rahmenbedingungen für eine Expansion

Die Verlagerung von Geschäftsaktivitäten ins Ausland erfordert eine sorgfältige rechtliche und steuerliche Planung. Unternehmen müssen unter anderem die folgenden Aspekte berücksichtigen:

●       Rechtsform und Unternehmensstruktur:

Die Gründung einer Tochtergesellschaft oder Niederlassung im Zielland kann unterschiedliche rechtliche und steuerliche Konsequenzen haben.

●       Doppelbesteuerungsabkommen (DBA):

Deutschland hat mit vielen Ländern Abkommen geschlossen, die die doppelte Besteuerung von Einkommen verhindern sollen. Die Kenntnis und Anwendung dieser Abkommen ist essenziell, um steuerliche Nachteile zu vermeiden.

●       Datenschutz und Compliance:

Auch bei einer Verlagerung ins Ausland müssen deutsche Unternehmen sicherstellen, dass sie den deutschen und europäischen Datenschutzstandards entsprechen, insbesondere wenn sie weiterhin Kunden in der EU bedienen.

●       Arbeitsrechtliche Bestimmungen:

Die Beschäftigung von Mitarbeitern im Ausland unterliegt den lokalen arbeitsrechtlichen Vorschriften, die sich erheblich von den deutschen Regelungen unterscheiden können.

Es ist ratsam, frühzeitig rechtlichen und steuerlichen Rat einzuholen, um die optimale Struktur für die Auslandsexpansion zu bestimmen und Compliance-Risiken zu minimieren.

Die zunehmende Regulierungsdichte in Deutschland und der EU stellt Tech-Unternehmen vor erhebliche Herausforderungen. Die Erwägung, Geschäftsaktivitäten ins Ausland zu verlagern, kann eine strategische Antwort auf diesen Druck sein. Dabei sollten Unternehmen jedoch sorgfältig die rechtlichen, steuerlichen und operativen Implikationen einer solchen Expansion prüfen. Eine fundierte Planung und die Einholung von Expertenrat sind unerlässlich, um die Vorteile eines internationalen Standbeins optimal zu nutzen und gleichzeitig Compliance-Risiken zu minimieren.

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