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Derzeit durchlebt die deutsche Wirtschaft bewegte Zeiten und viele fragen sich, wie die Transformation gelingen kann. Ein möglicher Schlüssel liegt in der generativen künstlichen Intelligenz (GenAI), hoffen Optimisten. Doch Kritiker warnen bereits, die Künstliche Intelligenz werde überschätzt. Wer hat nun recht? Gastautor und KI-Experte Daniel Gal wagt eine Prognose.

GenAI ist derzeit mit Abstand die populärste Form der künstlichen Intelligenz. Laut dem „Work Trend Index 2024“ von Microsoft und LinkedIn mit 36.000 Teilnehmern nutzen 3 von 4 Mitarbeitenden GenAI in Ihrem Unternehmen. Jedoch bringen 78% ihre eigene KI mit zur Arbeit. KI scheint also beliebt zu sein und die Schatten-IT zeigt, dass Unternehmen einen Nachholbedarf haben. Die Beliebtheit generativer KI liegt darin, dass sie es ermöglicht, mit einfachen Sprach- und Textbefehlen Inhalte wie Texte, Bilder und Videos zu analysieren oder neue Inhalte zu erstellen. Beispielsweise lassen sich E-Mails beantworten, Studien zusammenzufassen, das QM-Handbuch befragen, Berichte erstellen und vieles mehr. GenAI ist nicht nur Kreativitätsmittel und Produktivitäts-Monster, sondern hat überdies das Potenzial, das deutsche Bruttoinlandsprodukt bis zum Jahr 2030 um bis zu 220 Milliarden Euro zu steigern. Das entspricht einem jährlichen Wachstum von 0,4 bis 0,7 Prozent, so der Tenor der im März 2024 veröffentlichten Studie „Embracing the GenAI Opportunity“ von Strategy&, der globalen Strategieberatung von PwC. Besonders profitieren könnten Branchen wie Technologie, Software, Medien, Pharma und Finanzen. Doch während diese Sektoren florieren könnten, bleibt der Rest der deutschen Wirtschaft, der traditionell stark in Bereichen wie Maschinenbau, Automobilindustrie und Chemie verankert ist, hinter den Möglichkeiten zurück. Noch jedenfalls.

GenAI: Chancen und Risiken in der Nahaufnahme

Lassen Sie uns einen genaueren Blick auf die Chancen werfen. Denn es macht immer mehr Spaß, über das zu sprechen und zu philosophieren, was werden könnte – als das, was man verlieren könnte. GenAI ermöglicht fraglos immense Produktivitätssteigerungen. Für den deutschen Mittelstand bedeutet das, effizienter zu arbeiten und sich besser auf die Bedürfnisse der Kunden einzustellen. In der Finanzbranche beispielsweise könnten KI-Assistenten Kundenberatern helfen, Beratungsgespräche besser und schneller vorzubereiten und individualisierte Investmentvorschläge zu unterbreiten. Wissensdatenbanken auf Basis eigener Dokumente und Prozesse können allen Mitarbeitern unterstützen, schnell und nachvollziehbar auf das Unternehmenswissen zuzugreifen. GenAI bietet gerade in der aktuell eher zurückhaltenden Stimmung in der deutschen Wirtschaft eine riesige Chance. Durch potenzielle Produktivitätssteigerungen könnten Herausforderungen wie der Fachkräftemangel in einzelnen Bereichen gelöst werden.

Doch hier lauern auch Gefahren. Die Implementierung von GenAI erfordert Investitionen in Infrastruktur und insbesondere Schulungen. Es ist leider nicht so einfach, wiederholbare und qualitativ hochwertige Antworten aus einer KI-Lösung zu erzielen, wie es ist, eine Google-Suche durchzuführen. Mitarbeiter benötigen zumindest einige Stunden intensive Schulung. Nicht jedes Unternehmen kann sich das leisten. Kleine und mittlere Firmen ächzen in Sachen Liquidität momentan sehr und könnten abgehängt werden, wenn sie nicht schnell genug auf den Zug aufspringen. Zudem gibt es ethische Bedenken. Wer kontrolliert die KI? Wer stellt sicher, dass sie nicht missbraucht wird? Datenschutz und Sicherheit sind weitere kritische Punkte, die oft übersehen werden. Und die manchem Mittelständler die Sorgenfalten auf die Stirn bringen. Was macht die KI mit meinen Eingaben? Füttere ich etwa als Unternehmer mit meinen Prompts die Konkurrenz aus den USA oder China gleich mit? Sensible Daten von Kunden oder den eigenen Beschäftigten, aber auch den eigenen Produkten gehören überall hin – nur nicht in das öffentlich zugängliche Gedächtnis einer KI.

Der deutsche Mittelstand im Fokus

Der deutsche Mittelstand, das Rückgrat unserer Wirtschaft, steht vor einer schwierigen Aufgabe. Einerseits bieten sich enorme Chancen durch die Einführung von GenAI. Andererseits erfordert dies erhebliche Veränderungen und Anpassungen. Der Branchenmix in Deutschland zeigt, dass Sektoren mit hohem Potenzial für KI-Anwendungen nur 19 Prozent des BIP ausmachen, während „Low Potential“-Sektoren, die weniger von KI profitieren, 44 Prozent des BIP ausmachen. Das bedeutet, dass fast die Hälfte der deutschen Wirtschaft in Bereichen tätig ist, die nur in Teilen von KI profitieren werden.

Für den Mittelstand bedeutet das, schnell zu handeln und die Bereiche für Produktivitätssteigerungen zu identifizieren. Unternehmen müssen ihre Geschäftsmodelle überdenken und die Integration von GenAI in ihre Wertschöpfungsketten vorantreiben. Der Schlüssel zum Erfolg liegt in einer klaren Strategie und einem engagierten Team. Ohne eine klare Vision und die Bereitschaft zur Veränderung werden viele Unternehmen Schwierigkeiten haben, mitzuhalten.

Drei zentrale Hebel für Unternehmen

Deutschland muss sich auf drei zentrale Hebel konzentrieren, um das volle Potenzial von GenAI auszuschöpfen. Erstens müssen die Standortbedingungen verbessert werden. Dazu gehören der Zugang zu Talenten, eine robuste digitale Infrastruktur und ein attraktives Investmentumfeld. Zweitens müssen Unternehmen mit hohem GenAI-Potenzial die Technologie schnell implementieren – Tempo ist hier wirklich alles. Bedenken Sie allein, dass ChatGPT erst im November 2022 an den Markt kam. Seither sind also erst eineinhalb Jahre vergangen, doch die Welt scheint sich seitdem im Rekordtempo verändert zu haben. Drittens müssen traditionelle Branchen, die einen Großteil des deutschen BIP ausmachen, die Vorteile von GenAI verstehen und ihre Organisationen entsprechend anpassen.

Wenn Deutschland seine Position als wirtschaftliches Schwergewicht halten und ausbauen will, muss es beim Thema generative KI an diesen drei Hebeln ansetzen. Unternehmen, Bürger und Politik müssen gemeinsam handeln. Das bedeutet auch, dass Bildung und Weiterbildung in den Bereichen KI und Digitalisierung gefördert werden müssen. Nur so können wir sicherstellen, dass die Belegschaft auf die Anforderungen der Zukunft vorbereitet ist.

Der AI-Act der Europäischen Union – ein früher Knüppel zwischen die Beine?

Ein weiterer entscheidender Faktor für die Zukunft der KI in Deutschland und Europa ist der jüngst beschlossene AI-Act der Europäischen Union. Dieser Gesetzesrahmen zielt darauf ab, die Nutzung von KI in Europa zu regulieren und sicherzustellen, dass sie ethischen Standards und Sicherheitsanforderungen entspricht. Der AI-Act setzt strenge Regeln für den Einsatz von KI, insbesondere in Bereichen mit hohem Risiko, wie etwa der Gesundheitsversorgung, dem Bildungswesen oder der Strafverfolgung. Dies soll verhindern, dass KI-Systeme diskriminierende Entscheidungen treffen oder die Privatsphäre der Bürger verletzen.

Die Auswirkungen des AI-Act auf die deutsche Wirtschaft könnten vielfältig sein. Einerseits könnte er das Vertrauen in KI-Systeme stärken, indem er sicherstellt, dass sie transparent und ethisch einwandfrei arbeiten. Dies könnte die Akzeptanz von KI in der breiten Bevölkerung erhöhen und dazu beitragen, dass mehr Unternehmen in KI-Technologien investieren. Andererseits könnten die strengen Regulierungen auch die Innovationsgeschwindigkeit bremsen. Unternehmen könnten zögern, neue KI-Anwendungen zu entwickeln oder zu implementieren, wenn sie befürchten, dass diese nicht den regulatorischen Anforderungen entsprechen.

Für den deutschen Mittelstand bedeutet der AI-Act sowohl eine Chance als auch eine Herausforderung. Unternehmen müssen sicherstellen, dass ihre KI-Systeme den neuen Vorschriften wie bspw. Kennzeichnungspflichten entsprechen, was zusätzliche Kosten und Aufwand mit sich bringen kann. Gleichzeitig bietet der AI-Act eine Gelegenheit, durch die Einhaltung hoher Standards Vertrauen bei Kunden und Geschäftspartnern zu gewinnen. Dies könnte insbesondere in internationalen Märkten von Vorteil sein, wo europäische Standards oft als qualitativ hochwertig angesehen werden.

Positive Aussichten trotz vieler Herausforderungen

Trotz der Herausforderungen überwiegen die positiven Aussichten. GenAI hat das Potenzial, Deutschland wieder zu einem Innovationsführer zu machen. Durch die Kombination von traditioneller Industrie und moderner Technologie kann Deutschland seine Wirtschaftskraft und Wettbewerbsfähigkeit steigern. Es liegt jedoch an den Unternehmen, den Mut und die Entschlossenheit zu haben, diesen Weg zu gehen. Partnerschaften, sei es mit anderen Unternehmen oder im Bereich Bildung und Forschung, sind entscheidend für den Erfolg.

Daniel Gal

Daniel Gal ist Unternehmer und heute einer von zwei Geschäftsführern von GAL Digital in der Nähe von Gießen. Die Full-Service Digitalagentur mit den Disziplinen Konzeption, Gestaltung, Programmierung und Vermarktung wurde 2005 gegründet und hat sich gerade in den vergangenen Jahren auf das Thema künstliche Intelligenz spezialisiert. Paradebeispiel dafür ist die selbst entwickelte KI-Plattform nele.ai: Dabei handelt es sich um eine vielseitige Anwendung zur generellen Anwendung von KI in Unternehmen, die eine umfangreiche Wissensdatenbank und viele weitere zusätzliche Funktionen bietet. Das Programm ist wie nahezu jede andere KI-Anwendung universell im Browser oder als Windows- oder Mac-App einsetzbar. Darüber hinaus bietet nele.ai eine Programmierschnittstelle. Mit dieser API sind individuelle KI-Anwendungen möglich – und die Anbindung an und in interne Anwendungen.

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